: Lob für Netanjahus Redekunst vor dem US-Kongress
ISRAEL Kritiker befürchten eine Verschlechterung der Beziehungen zum Weißen Haus
JITZHAK HERZOG, OPPOSITIONSFÜHRER
JERUSALEM taz | Ginge es bei Israels Parlamentswahlen in zwei Wochen nur darum, wer der beste Redner ist, müsste sich Regierungschef Benjamin Netanjahu keine Sorgen machen. Nahezu im Wortlaut lobten seine Anhänger wie auch die Opposition seinen „gelungenen Auftritt“ vor dem US-Kongress am Dienstagabend.
Der sozialdemokratische Abgeordnete Eitan Kabel sprach von einer „super Show“. Ohne Zweifel wisse Netanjahu, „wie man eine Rede hält“, kommentierte Jitzhak Herzog, Oppositionsführer und Spitzenkandidat des zionistischen Lagers, das derzeit im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Netanjahus Likud liegt. Dennoch werde die Rede „weder das iranische Atomprogramm aufhalten noch kann es das von den Weltmächten entworfene Abkommen beeinflussen“.
Im Weißen Haus war Netanjahus Rede schon im Vorfeld auf massive Ablehnung gestoßen, weil Kongresssprecher John Boehner die Einladung an Netanjahu nicht mit US-Präsident Barack Obama abgestimmt hatte. Die Regierung lehnte die Einmischung der Israelis in US-amerikanische Angelegenheiten ab und suggerierte, dass Netanjahu die Bühne im Kongress für eigene wahlpolitische Zwecke missbrauche. Netanjahu habe nichts Neues und „keine brauchbare Alternative“ zu dem laufenden Atomverhandlungen geliefert, kommentierte Obama im Anschluss an die Rede.
Nancy Pelosi, Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei, war, wie sie erklärte, aus Entrüstung „den Tränen nahe“. Netanjahus Worte seien „eine Beleidigung der Intelligenz der Vereinigten Staaten“.
Egal, ob man Netanjahus Meinung in Israel teilt oder nicht, schrieb Chemi Shalev in der liberalen Zeitung Haaretz, „es ist noch immer ein außergewöhnliches Erlebnis, zuzusehen, wie ein israelischer Regierungschef von der Legislative der Weltsupermacht wie ein ortsansässiger Held und ein Rockstar empfangen wird“. Über 20-mal unterbrachen die US-Politiker mit Beifall.
Israelische Kommentatoren gingen auf das ungleiche Kräftespiel zwischen Netanjahu und seinem deutlich weniger wortgewandten Gegenspieler Herzog ein, der im Süden Israels vor deutlich kleinerem Publikum ebenfalls eine Rede hielt. Der Oppositionschef konzentrierte seine Kritik auf die Konsequenzen, die Netanjahus Rede für die Beziehungen des Landes zum Weißen Haus hat. „Netanjahu bleibt alleine“, resümierte Herzog, und „Israel bleibt alleine“. Eine atomare Bewaffnung Irans sei nur in Zusammenarbeit „mit den USA und dem Weißen Haus zu stoppen“. Fortan würden die Verhandlungen „ohne jegliche israelische Beteiligung fortgesetzt werden“. SUSANNE KNAUL
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