: Der Senat grätscht dazwischen
BAUPLÄNE AM MAUERPARK
Was heißt Bürgerbeteiligung? Dass es da sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt, hat sich am Mittwoch wieder gezeigt, als der Senat dem Bezirk Mitte die Hoheit über das 700-Wohnungen-Projekt am Mauerpark entriss. Damit läuft auch ein bereits initiierter Bürgerentscheid gegen die Bebauung in Mitte ins Leere.
Beteiligung heißt für die einen, direkt mitzuentscheiden. Für die anderen heißt es bloß, Anwohner an Planungen zu beteiligen. Die einen sind im Fall des Mauerparks jene, in deren Nähe stärker denn je das entstehen soll, wonach über Parteigrenzen hinweg alle rufen: Wohnraum. Die anderen, das sind in erster Linie die Senatoren des rot-schwarzen Senats, der dafür händeringend Platz sucht. So stammt ausgerechnet von SPD-Landeschef Jan Stöß – und nicht etwa von einem erzkonservativen CDUler – der Satz: „Bürgerbeteiligung heißt nicht Anwohnerdiktatur.“
Es gehört irgendwie zur menschlichen DNA, Bagger und Baulärm vor der Haustür erst mal nicht als Geschenk aufzufassen. Es unterscheidet aber auch den denkenden Menschen vom tumben Tor, dass er in der Lage ist, den Blick gelegentlich über die ureigenen Bedürfnisse hinaus zu heben. Und dieser Blick zeigt: Irgendwo müssen sie ja hin, diese Wohnungen, die ja nicht bloß am Stadtrand, sondern auch innerhalb des S-Bahn-Rings entstehen sollen. Und wenn man dem Senat glaubt, dann ist es mit jenen Aufstockungen und Dachausbauten, die die Grünen mantrahaft fordern, allein nicht getan.
Wenn aber der Senat in der Pflicht sein soll, den Bau dieser Wohnungen auf den Weg zu bringen, und zwar landesweit, dann muss er dazu auch die Möglichkeit haben. Antidemokratisch, wie die Kritiker sagen, ist das nicht. Denn die Entscheidung über die Bebauung trifft letztlich nicht der Senat, sondern die Kernzelle der repräsentativen Demokratie in Berlin, das Abgeordnetenhaus. Oder, falls die dortigen 149 Parlamentarier nicht repräsentativ stimmen, irgendwann eben ein Volksentscheid. STEFAN ALBERTI