Konzessionen: Grüne fordern Ausschreibung

Die Versorgungsnetze für Gas, Strom und Fernwärme sollen wieder in öffentliche Hand, fordern Hamburgs Grüne. Das Vorbild für das Stadtwerke-Modell sind die Ökostrom-Rebellen aus dem Schwarzwald-Städtchen Schönau

Die Versorgungsnetze sollen zurück in öffentliche Verantwortung. Das haben die Hamburger Grünen gefordert. Vor allem wegen der umstrittenen Entscheidung des Senats, dem Monopolisten Vattenfall den Bau eines klimaschädlichen Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg zu erlauben, müsse jetzt „ein Stromnetzbetreiber her, der keine Abzocke bei den Preisen betreibt und erneuerbare Energien fördert“, sagte der grüne Umweltpolitiker Christian Maaß gestern im Rathaus. Die Grünen wollten, ergänzt ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Jens Kerstan, „Vattenfall das Hamburger Stromnetz wegnehmen und dieses in verbraucher- und klimafreundlichere Hände legen“.

Der Hebel dafür seien die auslaufenden Konzessionsverträge. In einem Jahr endet die Vereinbarung über das Gasnetz mit dem Regionalversorger Eon Hanse im schleswig-holsteinischen Quickborn, Nachfolger der ehemaligen Hamburger Gaswerke HeinGas. 2015 läuft der Vertrag über die Strom- und Fernwärmenetze mit Vattenfall Hamburg, den ehemaligen Hamburgischen Electricitäts-Werken, aus. Beide Verträge müssten „öffentlich ausgeschrieben werden“, fordern die Grünen.

Ihr favorisiertes Modell ist der Ausbau des letzten in Hamburg nicht privatisierten öffentlichen Versorgers HamburgWasser zu einem neuen Stadtwerk, das auch die Leitungen für Gas, Strom und Fernwärme unterhält. Dieser Netzbetreiber könne „neutral gegenüber allen Anbietern sein“, findet Maaß. Zurzeit würde „das Energiekartell Vattenfall“ alternative Anbieter auf dem Strommarkt behindern.

Wie ein solches Modell funktionieren kann, erläuterte Ursula Sladek, Geschäftsführerin der Elektrizitätswerke Schönau (EWS). In der 2.550-Seelen-Gemeinde im südlichen Schwarzwald hat diese von Bürgern gegründete Genossenschaft die komplette Energieversorgung und auch die Versorgungsnetze übernommen. Durch zwei Bürgerentscheide zwangen die „Stromrebellen“ den eigenen Gemeinderat und den viertgrößten deutschen Energiekonzern EnBW in die Knie. Jetzt versorgen sie 99 Prozent Schönaus mit Ökostrom und sind inzwischen auch bundesweit aktiv. Allein in diesem Jahr stieg die Kundenzahl der EWS „von etwa 36.000 auf zurzeit 63.000“, sagte Sladek.

Eine GmbH als Netzbetreiber in Hamburg sei zudem Profitinteressen nicht so verpflichtet wie eine Aktiengesellschaft, erläuterte Kerstan. Investitionen in tatsächlichen Klimaschutz seien so rascher durchzusetzen als gegen einen privaten Großkonzern. Das aktuelle Beispiel Moorburg zeige, dass Stromerzeugern das Klima egal sei, solange sie „mit Kohle Kohle machen“ könnten. SVEN-MICHAEL VEIT