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Archiv-Artikel

Wie die Großen wirtschaften

Sunworker, Metalliker oder Milchbubis: Schülerfirmen geben Orientierung für das spätere Berufsleben und wecken den Unternehmergeist. Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung leistet eine Anschubfinanzierung, wenn das Konzept überzeugt

DIE SPIELREGELN

Schülerfirmen haben einen Wettbewerbsvorteil, denn sie müssen keine Steuern zahlen, solange ihr jährlicher Umsatz die Grenze von 30.000 Euro nicht übersteigt. Ein Handelsregistereintrag oder eine Anmeldung beim Gewerbeaufsichtsamt ist ebenfalls nicht erforderlich. Die Gesellschafter einer S-GmbH benötigen auch keine 25.000-Euro-Einlage. Sie bringen in die Firma lediglich die dringend benötigten Geldmittel ein, die oft von den Eltern oder ortsansässigen Sponsoren kommen. Eine S-AG gibt Aktien aus, beispielsweise mit einem Nennwert von 5 bis 10 Euro. Diese verkauft sie an Mitschüler, Lehrer, Eltern oder andere Interessierte, Die günstigen Bedingungen, denen die S-AGs unterliegen, haben natürlich auch einen Nachteil: S-AGs dürfen nicht mit realen Unternehmen in Konkurrenz treten, das heißt beispielsweise niemandem Kunden abwerben. Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) hilft bei der Finanzierung und mit fachlichen Qualifizierungsangeboten. SK

VON SVEN KULKA

Für viele Schüler gehört arbeiten zum Alltag. Sie tragen Zeitungen aus, mähen Rasen oder Putzen Hausaufgänge. Stecken also mittendrin im Wirtschaftsleben. Doch lernen sie dabei wirtschaftliches Handeln? Wenn Jugendliche selbst zu Unternehmern werden, ist das etwas anderes. Dann lernen sie, Verantwortung zu übernehmen und mit anderen gemeinsam zu arbeiten. Schülerfirmen wecken zudem den Unternehmergeist, bieten Orientierung für den weiteren Berufsweg und sind ein gutes Mittel der Schulentwicklung.

Oft sind Schülerfirmen das Ergebnis kreativer Ideen, oder sie entstehen aus einer Lehrveranstaltung heraus. Wie das Schülerunternehmen Sunworker am Gymnasium Frechen bei Köln. Das Kerngeschäft liegt im Energiesparen und in der Nutzung von Sonnenenergie. Auf eine gemeinsame Initiative von Schülern und Lehrern hin entstand es aus einer Physik-AG heraus. „Auf diese Weise erhält der Unterricht eine berufspraktische Dimension“, sagt Betreuungslehrer Paul Felte. Seit mehreren Jahren bieten die Sunworker ihre Dienste als „Energiespardetektive“ an und gehen mit moderner Messtechnik in Haushalte und Unternehmen, um Sparmöglichkeiten aufzuzeigen. An der Berliner Thomas-Morus-Oberschule wurde im Jahr 2001 die Cateringfirma Thomas-Cat gegründet. Hier arbeiten Schüler an der Zusammenstellung von Buffets, kochen und braten selbst.

Ähnlich praktisch arbeiten auch die Mitarbeiter der Metalliker S-GmbH an der Hans-Bredow-Oberschule in Königs Wusterhausen: Bereits seit 2002 feilen, löten und schweißen die Metalliker in der schuleigenen Werkstatt und nehmen als Metallverarbeiter eine Sonderstellung in der Brandenburger Schülerfirmenlandschaft ein, denn die 20 Mitarbeiter stellen aus dem schwer zu verarbeitenden Material Besenhalter und maßgeschneiderte Grills, Gartentore und Rosenspaliere her.

Schülerunternehmen können sich Rechtsformen zulegen, die sich am richtigen Wirtschaftsleben orientieren. Am gebräuchlichsten sind die S-GmbH und die S-AG. Das „S“ steht dabei für „Schüler“ und soll das Unternehmen von seinen realen Vorbildern unterscheiden helfen.

Schülerfirmen funktionieren wie reale Unternehmen, und nicht selten erwirtschaften sie auch einen Gewinn. Sie haben einen Chef, je nach Größe einen oder mehrere Abteilungsleiter, eine Buchhaltung und eine Versandabteilung. Wie bei der Milchbubis S-GmbH an der Neuen Grundschule in Potsdam. Seit November 2006 gibt es das Schülerunternehmen. Eine Firma liefert die Milch in der Schule an – Verteilung und Verkauf übernehmen die 20 Mitarbeiter aus den Klassen fünf und sechs. „Morgens kommen 25 gemischte Kästen Milch in der Schule an, die in 20 Minuten sortiert und verteilt sein müssen“, beschreibt der Schüler Lukas Koallick die tägliche Herausforderung.

Im Rahmen eines Schulprojekts entstand 2004 auch die Energie Team S-AG am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Königs Wusterhausen. Die Schüler gewinnen Solarstrom durch vier Anlagen auf dem Dach der Schule, den sie in das örtliche Energienetz einspeisen. Außerdem forschen sie auf dem Gebiet der Solarstromgewinnung und bauten eine „Ökolaube“ aus ausschließlich ökologischen Nutzstoffen auf dem Schulgelände auf. Die Motivation: „Unsere Firma hat eigentlich zwei Wurzeln. Einerseits die Photovoltaikanlagen, von denen einige schon vor der Firmengründung existierten. Andererseits das Interesse an umweltfreundlichen Technologien, das sich schon früher in AGs gebildet hatte. Die Gründung der Schülerfirma 2004 mit Unterstützung der Servicestelle Schülerfirmen hat dann quasi beides zusammengeführt“, so der Schüler Michael Hantzsche.

„Am Anfang steht eine Geschäftsidee, die die Schüler in ein Konzept umsetzen müssen. Dann muss die Schulleitung das Projekt als schulische Maßnahme absegnen“, erklärt Norbert Bothe von der Servicestelle Schülerfirmen in Brandenburg und regionaler Partner der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), die 1994 gemeinsam mit der Heinz Nixdorf Stiftung das Konzept entwickelt hat und heute bundesweit mehr als 350 Schülerfirmen unterstützt. Anschließend können sich die Schüler an die DKJS wenden.

Überzeugen die Schüler die DKJS mit ihrem Geschäftskonzept, gibt es eine Anschubfinanzierung und fachliche Qualifizierungsangebote, so Norbert Bothe. Danach müssen die Schüler für ihre Produkte oder Dienstleistungen Kunden suchen. Sie müssen einen Namen für das Schülerunternehmen finden, Arbeitsaufgaben untereinander aufteilen, einen Gesellschaftervertrag erarbeiten, Sponsoren und einen Raum suchen sowie ein Konto einrichten und Werbung machen: Plakate und Flyer gestalten, Aktionen planen und durchführen. Am Ende des Geschäftsjahres gilt es, eine Jahresbilanz zu erstellen.

„Schülerunternehmen führen Jugendliche früh in das Berufsleben ein und wecken ihren Unternehmergeist“, sagt Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Zudem könnten die Schüler in einem Schülerunternehmen viel ausprobieren sowie ihre sozialen Kompetenzen, Teamfähigkeit, Kommunikation und selbstverantwortliches Handeln, ausbauen.