: Wie der Nachbar zum Sparfreund und Helfer wird
KLIMASCHUTZ Bislang gibt es wenige Anmeldungen für den Wettbewerb der Energienachbarschaften
Stoßlüften statt den ganzen Tag das Fenster offen lassen, mal den Computer ausmachen oder einen Zugluftstopper unten an der Tür anbringen: Wie man das Klima schützen und auch noch Preise gewinnen kann, zeigt der europaweite Wettbewerb der Energienachbarschaften, der zum zweiten Mal in Deutschland stattfindet. Fünf bis zwölf Haushalte organisieren sich dafür in einer Energienachbarschaft. Die Gruppe benennt einen Energiecoach, der Tipps gibt und kontrolliert, dass jeder Haushalt seine Zählerstände regelmäßig in eine Liste einträgt. Ab dem 1. Dezember sollen so in vier Monaten 9 Prozent der Heiz- und Stromkosten im Vergleich zum Vorjahresverbrauch eingespart werden.
Das Projekt wird durch die Europäische Kommission gefördert und von privaten Firmen und den Umweltämtern vor Ort koordiniert. Neben Potsdam und Elmshorn beteiligen sich die drei Berliner Bezirke Lichtenberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. In der Nachbarschaft „Grill 13“ in Steglitz ist Stephani Balecke der Energiecoach. „Ich habe als ehemalige Mitarbeiterin des Umweltamtes schon immer darauf geachtet, Energie zu sparen“, sagt sie. Grill 13, das sind sechs Haushalte, in denen nur Frauen wohnen. Balecke will ihren Mitstreiterinnen helfen und diese anleiten, „ohne aber meine Tipps aufzuoktroyieren“. So will sie etwa über Heizungsthermostate informieren und beim Eintragen der Zählerstände behilflich sein.
Auch Dagmar Birkelbach vom Umweltamt Steglitz-Zehlendorf setzt auf eine Verhaltensänderung der Teilnehmer. So müssen etwa Schlafzimmer kaum geheizt werden. Das Ziel sei aber nicht, dass die Heizung im Winter komplett ausbleibt: „Die Teilnehmer sollen komfortabel leben, aber nichts verschwenden.“
Kioto-Protokoll toppen
2003 fand in Belgien der erste Wettbewerb statt, in diesem Winter beteiligen sich Nachbarschaften aus 16 europäischen Ländern. Die 9 Prozent Ersparnis sind nicht zufällig gewählt, erklärt Christian Borchard von der Beratungs- und Servicegesellschaft Umwelt (BSU), die das Projekt in Deutschland koordiniert. In diesem Jahr wolle man das 2012 auslaufende Kioto-Protokoll, das die Reduzierung von Treibhausemissionen um 8 Prozent in 191 Ländern vorsieht, toppen. Die Nachhaltigkeit des Projekts über die Wettbewerbszeit hinaus ist indes unklar. Bislang gibt es nur Absichtserklärungen der Teilnehmer, ihre Maßnahmen fortzuführen.
Während in Belgien und den Niederlanden schon ganze Städte gemeinschaftlich Energie gespart haben, ist das Projekt in Deutschland noch recht unbekannt. Die BSU hofft auf etwa zehn Haushalte pro teilnehmender Kommune. Auch in Berlin läuft der Wettbewerb langsam an. In Steglitz-Zehlendorf hat sich bislang nur Grill 13 angemeldet. MARLEN KESS