Ein Weg aus Bremens Sparneurose

WAHLPROGRAMM Die Linke hat die politischen Inhalte zusammengestellt, mit denen sie bei der Wahl am 10. Mai überzeugen will: Statt weiter zu sparen, soll Bremen mit höheren Ausgaben die soziale Spaltung überwinden. Fürs nötige Geld sorgen harte Verhandlungen mit dem Rest der Republik oder eine Klage in Karlsruhe

Die Welt ist ungerecht. Und in Bremen, sagt die Linke, gilt das ganz besonders: Das Land hat bundesweit die zweithöchste Millionärsdichte und zugleich die höchste Armutsquote – eine Exzellenz-Uni hier und marode Schulen ohne ausreichende Lehrkräfte da. Das kürzlich veröffentlichte Programm der Linken für die Bürgerschaftswahl am 10. Mai will Abhilfe schaffen.

Schuld an der sozialen Spaltung sei nämlich, so die Analyse, der Sparkurs des rot-grünen Senats. Der blockiere dringend notwendige Investitionen. Den Weg zum fehlenden Geld skizziert die Linke so: Ein Altschuldenfonds soll her, finanziert durch einmalige Vermögensabgaben. Für die Zinsen wird eine Vermögenssteuer erhoben. Wenn 2019 dann die Regelung des Länder-Finanzausgleichs ausläuft, muss eine neue her. Eine, die den Bedürfnissen des Stadtstaates gerecht wird. Dafür soll Bremen im Bund „hart verhandeln“ und notfalls vors Bundesverfassungsgericht ziehen.

Bis dahin verspricht die Linke auf Landesebene Schluss zu machen mit der „Sparneurose“ des Senats. Es gebe nämlich selbst bei den strengen Vorgaben aus Berlin durchaus noch Spielräume für sozial gerechtere Politik, glaubt man. Bei der Armutsbekämpfung trage Bremen die Verantwortung – für die Verweigerung von Lernmittelkosten etwa oder der Nicht-Übernahme tatsächlicher Wohnkosten. Die Differenz zum Regelsatz müssen die Betroffenen tragen.

Statt Lösungen für solche Probleme zu entwickelt, sagt die Linke, beschäftigten sich die BürgermeisterInnen Jens Böhrnsen (SPD) und Karoline Linnert (Grüne) als „Manager der permanenten Haushaltskrise“ lediglich mit der Verwaltung von Armut. Dem entsprächen Rekordzahlen bei vom Jobcenter verhängten Sanktionen. Gleichzeitig „boomt der Anteil an Leiharbeit, Minijobs und Niedriglöhnen“, heißt es im Programm.

In den kommenden Generationen setze sich das fort, wenn die Ausbildungsplatzgarantie über die geplante „Jugendberufsagentur“ umgesetzt werden soll. Ans Jobcenter angeschlossen würde schließlich auch die nur erfassen und verwalten. Die Linke setzt stattdessen auf bestehende Beratungsangebote und eine Ausbildungsumlage aus der Wirtschaft.

Ansonsten soll tüchtig rekommunalisiert werden – die Müllabfuhr sowieso, aber auch sonst im Grunde alles, was gesellschaftliche Bedarfe zu decken hat: „Strom, Wasser, Energie, Entsorgung, Gesundheitsversorgung und sozialer Wohnungsbau gehören in öffentliche Hand.“ Das halte die Gebühren gering und werfe dazu noch Einnahmen für den Haushalt ab. Und wo die Verstaatlichung noch nicht in Sicht ist, soll die Stadt zumindest da einspringen, wo die privatisierten Unternehmen säumige KundInnen hängen lassen: Wenn Strom- und Wassersperren drohen, soll das Amt für soziale Dienste die Außenstände zunächst übernehmen.

Denn das ist die Sache mit den Privaten: „Die kapitalistische Produktionsweise kennt keinen Respekt, kein Mitgefühl, keine Weitsicht und keinen Verzicht“, heißt es. Und darum müsse demokratische Kontrolle her – bis hin zum Tierschutz, der erfordere, dass BürgerInnen und nicht Verwertungszwänge über die Frage von Tierversuchen und Massentierhaltung entscheiden.

Dass sich über richtig und falsch allerdings auch demokratische Veranstaltungen nicht immer ganz einig werden, demonstriert ein letzter Punkt des Programms: die Haltung zur Rüstungspolitik. Denn während der Parteitag im Oktober für ein „Verbot von Waffenexporten und Rüstungsforschung“ votierte, hat er sich gleichzeitig dazu durchgerungen, die Spendenkampagne „Waffen für Rojava“ zu unterstützen, um kurdischeKämpferInnen gegen den Islamischen Staat aufzurüsten.JAN-PAUL KOOPMANN