Hannah Arendt-Preis : Denken erlaubt!
Hannah Arendt war keine Politikerin. Oder höchstens eine wider Willen – die Nazi-Geschichte hat sie in die Politik geschleudert. In der Emigration in New York hat sie sich mit der Zeitung Aufbau am Meinungsstreit um die Zukunft der Juden beteiligt.
KOMMENTAR VON KLAUS WOLSCHNER
Was hätte sie zur heutigen israelischen Politik gesagt? Sie hat niemals schlicht den jüdischen Mainstream vertreten. Was das NS-Regime angeht, war sie für den Aufbau einer jüdischen Armee, die gegen Hitler kämpfen sollte. Was die Siedler in Israel angeht, war sie skeptisch gegenüber zionistischen Plänen.
Arendt hatte Sorge angesichts der Vorstellung eines jüdischen Nationalstaates nach dem Muster des 19. Jahrhunderts, der umgeben ist von vertriebenen Palästinensern und arabischen Staaten. Beruhigend hätte sie eine europäische Lösung für Palästina unter dem Schutz des Commonwealth gefunden. Denn für sie gehörte das zusammen: die Verantwortung für die Zukunft des jüdischen Volkes, der Kampf für die Freiheit, die demokratische Kultur.
Was hätte sie zum Machtanspruch des Staates Israel gesagt? Sicher ist, dass Hannah Arendt sie mit großem Eifer um die richtige Antwort auf die weiterhin offene jüdische Zukunftsfrage gestritten hätte – auch und gerade mit intelligenten Leuten wie Tony Judt.
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