: Müller gibt den Schlossherrn
ABGEORDNETENHAUS I Der Regierende Bürgermeister hinterlässt erstmals als Kultursenator Eindruck und verteidigt sein Umdenken beim Humboldt-Forum. Schloss-Stiftungs-Chef warnt vor massiven Auswirkungen
■ Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat Kritik ihres Koalitionspartners an ihrer Schulpolitik zurückgewiesen „Da kann der CDU-Parteitag beschließen, was er will – unsere Leitlinie ist der Koalitionsvertrag“, sagte Scheeres und bekam Unterstützung von Grünen und Linkspartei. Die Grüne Anja Schillhaneck hielt der Union dabei vor, die fachpädagogische Entwicklung der letzten 20 bis 30 Jahre verschlafen zu haben.
■ CDU-Bildungspolitikerin Hildegard Bentele widersprach am Rande der Parlamentssitzung dem Eindruck, sie habe sich darüber geärgert, dass Parteichef Frank Henkel ihr bei ebenjenem Parteitag den Schwangeren-Bauch streichelte. taz und Tagespiegel hatten Fotos davon abgedruckt. Völlig falsch sei die Annahme, dass sie sich über die Anteilnahme von Henkel, selbst Vater eines zweijährigen Sohnes, nicht gefreut habe – im Gegenteil. „Dass es in unserer Partei zwischen den vielen Vätern und Müttern menschelt, ist für mich ein großes atmosphärisches Plus“, sagte Bentele der taz am Donnerstag. STA
VON STEFAN ALBERTI
Michael Müller will offenbar nicht nur als Regierender Bürgermeister, sondern auch als Kultursenator neue Akzente setzen. Im Abgeordnetenhaus bestätigte der SPD-Mann am Donnerstag, dass er trotz fortgeschrittener Bauarbeiten über eine andere Nutzung des künftigen Humboldt-Forums nachdenkt, das viele nur Stadtschloss nennen. „Ich finde es legitim, jetzt noch einmal eine Debatte anzustoßen: Was wollen wir mit dem Humboldt-Forum erreichen?“, sagte der Regierungschef auf eine Frage des Piraten-Abgeordneten Philipp Magalski.
Das Land Berlin soll im Schloss Zugriff auf 4.000 Quadratmeter haben, rund ein Zehntel der gesamten verfügbaren Fläche. Das entspricht in etwa einem halben Fußballplatz. Bislang ist dort laut Müller unter anderem die Ausstellung „Welt der Sprachen“ geplant, ein Projekt der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). Müller machte hingegen Sympathien für eine stadtgeschichtliche Ausstellung deutlich. Dass Erinnerung an Berlins Historie durchaus nicht provinziell sei, belegt für ihn das weltweite Interesse an dem Kunstprojekt „Lichtgrenze“ im vergangenen November zur Erinnerung an 25 Jahre Mauerfall.
Auf die Frage, warum diese neuen Überlegungen zu einem Zeitpunkt fortgeschrittener Bauarbeiten erfolgen, erklärte Müller: Das könne auch damit zusammenhängen, dass es einen neuen Kultursenator gebe. Müller hatte bereits in seinem Hauptjob als Regierender Bürgermeister einen neuen Stil angekündigt und setzt sich nun auch im Kulturressort von seinem Vorgänger und Parteifreund Klaus Wowereit ab.
Für die Grünen-Kulturpolitikerin Sabine Bangert korrigiert Michael Müller mit seinem Vorstoß eine verfehlte Senatspolitik: Weil die Landesregierung sich aus Bangerts Sicht inhaltlich nicht mit dem Humboldt-Forum auseinandersetzen wollte, habe man schließlich die ZLB dazu verdonnert, die Ausstellung „Welt der Sprachen“ zu konzipieren. „Der Auftrag war eine schlichte Überforderung und musste scheitern, da die ZLB selbst auf der Suche nach ihrer Rolle in der Bibliothekenlandschaft ist“, schrieb die Grüne in einer Pressemitteilung.
Für den Chef der Stiftung Berliner Schloss, Manfred Rettig, käme eine nachträgliche Änderung im Humboldt-Forum hingegen den fatalen Umplanungen beim Flughafen BER gleich. Da sei eine ganz andere Technik erforderlich, sagte er der taz. „Dann können die zehn Prozent Fläche des Landes massive Auswirkungen auf das gesamte Gebäude haben.“
Müller hatte eine veränderte Nutzung bereits am Montagabend angedeutet und damit die ZLB-Mitarbeiter überrascht. „Wir sind perplex“, hatte eine Bibliotheks-Sprecherin der taz gesagt.