piwik no script img

Archiv-Artikel

Gegen Ende immer härter

CASTOR Bürgerinitiative korrigiert Urteil über Polizeieinsatz: Vor allem auf der letzten Etappe seien Demonstranten und Sanitäter heftigen Übergriffen ausgesetzt gewesen. Mehr als 400 Verletzte

Sie hätten sich bemüht, ein differenziertes Bild zu zeichnen, müssten dieses aber abschließend deutlich revidieren, sagt die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI) nach dem Castor-Transport vom Wochenende. Auf der letzten Etappe habe die Polizei „unglaubliche Härte“ gezeigt, „so, als gäbe es eine offene Rechnung mit Demonstranten wegen der langen Transportzeit“, sagte deren Sprecher Wolfgang Ehmke.

Während die Schienenblockaden am Samstag und Sonntag größtenteils gewaltarm abgeräumt wurden, wuchs die Zahl der Verletzten während des anschließenden Straßentransports schnell an. Die vorherigen Absprachen zwischen Polizeiführung, Landkreis und Sani-Zentrale funktionierten in der Zeit des Straßentransportes nicht, so die BI. Insgesamt versorgten die Demosanitäter während des Transports 416 Verletzte, davon acht Schwerverletzte. Ein Drittel der Verletzungen sei auf den Einsatz von Reizgas oder Pfefferspray zurückzuführen, der andere Teil hauptsächlich auf Schlagstockeinsatz.

Nach exemplarischen Berichten von Sanitätern, die die BI gesammelt hat, habe etwa eine Frau während der Demonstrationen einen epileptischen Anfall erlitten und am Boden gelegen. Fünf Polizeibeamte hätten mit gezogenen Schlagstöcken um sie herum gestanden. Erst nach Intervention eines Anwalts habe ein Sanitäter sie versorgen können. Einem Atomkraftgegner sei aus nächster Nähe der gesamte Inhalt einer Reizgasflasche ins Gesicht gesprüht worden, ein weiterer wurde von einem Polizeipferd überrannt.

Auch Sanitäter selbst seien von der Polizei schikaniert, behindert und angegriffen worden. An der Oldendorfer Brücke etwa habe die Polizei sie und die Demonstranten mit aus dem Wald gesammelten Stöcken traktiert.

Zuvor hatte schon die Deutsche Journalisten Union über Behinderungen und Schikanen gegen Pressevertreter geklagt. Die niedersächsischen Grünen wollen die stundenlange Einkesselung von über 1.000 Demonstranten auf einem Acker in Harlingen im Landtag auf die Tagesordnung setzen lassen. Weil es keine richterliche Vorführung gegeben habe, sei diese rechtswidrig gewesen.  CHRISTIAN JAKOB

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8