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Archiv-Artikel

Keiner will zum Arzt

STUDIE Für die größte deutsche Gesundheitsstudie sollen 40.000 Norddeutsche medizinisch untersucht werden – doch ein Großteil verweigert die Teilnahme

Es ist die größte Gesundheitsstudie Deutschlands: An der Nationalen Kohorte – kurz Nako – sollen 200.000 Menschen zwischen 20 und 69 Jahren teilnehmen. Die Daten sollen Erkenntnisse über Volkskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Demenz liefern – aber viele Norddeutsche machen nicht mit.

Die vier Nako-Zentren Kiel, Hamburg, Bremen und Hannover schreiben Menschen an, die zufällig aus dem Einwohnermelderegister ausgewählt wurden. Diese werden zur Teilnahme an einer rund dreistündigen Untersuchung aufgefordert, die nach vier Jahren wiederholt wird. Zu den 20 Einzeluntersuchungen zählen unter anderem ein Riech-Test, ein Ultraschall, die Messung des Augenhintergrundes, ein Handgreifstärke-Test zur Messung der Muskelkraft, ein EKG sowie Blutproben und Urinanalysen. Zudem werden die Probanden zu ihrem Lebensstil befragt.

Bisher sind die Einwohner der norddeutschen Länder bei der Teilnahme an der Studie jedoch eher zurückhaltend. Pro Nako-Standort sollen 10.000 Menschen untersucht werden. Bis heute haben in Kiel, Hamburg und Hannover jeweils zwischen 500 und 700 Männer und Frauen an der Studie teilgenommen, in Bremen rund 1200 Menschen. Angeschrieben wurden in Kiel und Umgebung bisher 4.400 und in Bremen 7.000 Menschen.

Freiwillig melden kann man sich für die Studie nicht.

Kritiker hatten Bedenken an der Studie geäußert, die vom Bund und den Ländern mit 140 Millionen Euro sowie den Helmholtz-Zentren mit 70 Millionen Euro finanziert wird. Die erhobenen Daten und Bioproben könnten nach Überzeugung des ehemaligen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten in Bremen, Wolfgang Linder, zur kommerziellen Nutzung und gegen die Interessen der untersuchten Menschen verwendet werden. Auch sei es möglich, die Daten so miteinander zu verknüpfen, dass die zugesicherte Anonymisierung nicht garantiert werden könne.

In der Praxis spielen diese meist nur in Fachkreisen diskutierten Argumente für die Mehrzahl der Verweigerer vermutlich keine Rolle. Die Nako-Organisatoren haben eher damit zu kämpfen, dass die Studie kaum jemand kennt. Gerade junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren hatten bisher wenig Lust auf die Nationale Kohorte. Auch Migranten nehmen seltener an solchen Untersuchungen teil. Das zeigen Ergebnisse früherer Studien. Das gleiche gilt für Berufstätige. Die Forscher fordern Arbeitgeber deshalb auf, ihre Mitarbeiter für den Besuch im Studienzentrum freizustellen. Der öffentliche Dienst in Bremen ist schon dabei.  JOACHIM GÖRES