: Kirchen freuen sich über Gebetsverbot
URTEIL Ende des Gebetsraumstreits in Weddinger Schule wird unterschiedlich aufgenommen
Vertreter der beiden großen Kirchen Berlins haben das Urteil im sogenannten Gebetsraumstreit begrüßt. „Es ist für uns wichtig, dass die Religion als Teil des öffentlichen Lebens anerkannt wird“, sagt Heike Krohn, Sprecherin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Die Entscheidung des Gerichts betone „die Vereinbarkeit von Gebet und weltanschaulicher Neutralität an Schulen“, so Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlin. Am Mittwoch hatte das Bundesverwaltungsgericht einem Weddinger Gymnasiasten das Beten nach muslimischem Ritus außerhalb des Unterrichts verboten. Das Urteil gilt jedoch nur für diesen Einzelfall.
Der Humanistische Verband Deutschlands kritisierte diese Einschränkung. Laut dessen Präsident Norbert Kunz ist es zwar positiv, dass der Schulfrieden höher gewertet wurde als Glaubensrituale. Eigentlich sollten aber Schüler in der Schule gar nicht beten. „Es muss dabei bleiben: Die staatliche Schule ist keine Kirche.“
Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) geht mit seiner Kritik noch weiter. „Die Schule muss auf die Entwicklungen der Gesellschaft reagieren und lernen, mit Vielfalt umzugehen“, sagte Sprecher Serdar Yazar. „Wenn es Konflikte gibt, besteht ein Bedarf an Dialog – und ein Verbot ist keine Lösung“. Letzteres verschiebe nur die grundlegenden Probleme des Zusammenlebens, so Yazar.
Auch Sigrid Baumgardt, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sieht den Gang vor Gericht „nur als letzte Möglichkeit“. Dennoch begrüßt sie das Urteil: Sonderrechte für Einzelne stünden dem Gedanken des friedlichen Miteinanders in der Schule entgegen.
Seit 2007 streitet Yunus M. mit dem Diesterweg-Gymnasium. Nachdem ihm das Beten von der Schulleitung verboten worden war, gab ihm das Verwaltungsgericht 2009 zunächst mit Hinweis auf Glaubensfreiheit recht. Einen Monat später wurde dieses Urteil vom Oberverwaltungsgericht Berlin revidiert, sodass Yunus M. vor das Bundesverwaltungsgericht zog. Nun bleibt dem Schüler nur noch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Das wird er jedoch laut seinem Anwalt Bülent Yasar „eher nicht“ anrufen.
BARBARA CUNIETTI, MARLEN KESS