Fünf Frauen kippen einen Kandidaten

USA Herman Cain steht nicht mehr als republikanischer Kandidat zur Verfügung. Nach dem Washingtoner Außenseiter macht sich nun der politische Oldtimer Newt Gingrich Hoffnungen

Gingrich möchte Schüler aus armen Familien mit Kinderarbeit bestrafen

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Mit dem amüsanten Kandidaten Herman Cain mit seinen vielen angeblich nie stattgehabten sexuellen Belästigungen und Affären ist es fürs Erste vorbei: Er ist ausgeschieden. Knapp vier Wochen bevor die republikanische Kandidatenkür in die nächste Runde geht, zeichnet sich ein neuer Spitzenmann bei der US-amerikanischen Rechten ab: Newt Gingrich. Der Chef der konservativen „Revolution“ der 90er Jahre, damals Sprecher des Repräsentantenhauses, sagt von sich: „Die Chance, dass ich nominiert werde, ist sehr groß.“ Mit Gingrich wird der republikanische Wahlkampf politischer und schärfer. Den bei der Tea-Party-Basis ungeliebten Mitt Romney hat er auf Platz zwei abgedrängt.

Fünf Frauen waren nötig, damit Herman Cain am Samstag aufgab. Vier Frauen haben ihm Belästigung vorgeworfen. Die fünfte hat vergangene Woche im Fernsehen erklärt, sie habe 13 Jahre lang eine Beziehung mit dem verheirateten Kandidaten gehabt. Cain hat alles bestritten. Hat den Frauen mal „Verwirrtheit“, mal „finanzielle Motive“ unterstellt. Und hat nacheinander seinen republikanischen Kontrahenten Rick Perry, die demokratische Partei und die Medien beschuldigt, eine Diffamierungskampagne gegen ihn zu führen. Am Samstag, als er eigentlich sein Kampagnenbüro in Atlanta, Georgia eröffnen wollte, sagte er stattdessen vor Anhängern, er stelle seine Kampagne vorläufig ein. Seine Ehefrau Gloria, die der Kampagne ferngeblieben war, stand dabei ein paar Schritt hinter ihm.

Der ehemalige Manager der Kette Godfather Pizza, der später Lobbyist bei der „National Restaurant Association“ war, hatte dem republikanischen Wahlkampf als einziger Kandidat eine persönliche Note gegeben. Sein Witz und seine Redekunst kamen an. Sein einfach klingender Steuerreformvorschlag, sein Talent als Unterhalter sowie die Tatsache, dass er als „Außenseiter“ kam, der nie Politiker in Washington war, verhalfen ihm bei der rechten Basis zu großer Beliebtheit.

Der zuvor unbekannte Cain war wochenlang der bestplatzierte republikanische Kandidat. Dass er nicht wusste, dass China bereits seit Jahrzehnten eine Atommacht ist und dass er von Libyen keine Ahnung hat, schadete seinem Ruf wenig.

Cains Stern begann erst zu sinken, als die ersten Frauen, anfangs über Anwälte, an die Öffentlichkeit traten und berichteten, dass er sie in den 90er Jahren in der National Restaurant Association behelligt habe. Cain bestritt das zwar, änderte aber fast täglich seine Version der Ereignisse. Und wurde noch unglaubwürdiger, als sich herausstellte, dass mehrere Frauen wegen ihrer Vorwürfe in den 90er Jahren relativ hohe Abfindungen von der National Restaurant Association erhalten hatten.

Zum Verhängnis wurde dem Kandidaten Cain schließlich die angebliche jahrelange Affäre. Auch diese leugnete er. Ein paar Tage später gab er aber zu, dass er der Frau noch in den vergangenen Wochen „aus Freundschaft“ regelmäßig Geld gegeben und dass seine Gattin nichts davon gewusst habe. Am Schluss interessierten sich die Medien fast nur noch für Cains Privatleben statt für seine Politik.

Unterdessen hat sich in den Reihen der Republikaner das inoffizielle Motto „Alles außer Romney“ gehalten. Die rechte Basis misstraut dem Mann, der als Gouverneur eine Gesundheitsreform im Bundesstaat Massachusetts durchgeführt hat, die jener von Barack Obama ähnelt. Und sie hält Romney für einen politischen Opportunisten.

Gingrich ist von einem anderen Kaliber. Er teilt in alle Richtungen aus: Obama wirft er „kognitive Dissonanz“ vor, seinen Parteikollegen, den Haushaltspolitiker Paul Ryan, kritisiert er für dessen „Sozialtechniken“, und Schüler aus armen Familien möchte er zusätzlich mit Kinderarbeit bestrafen. In einer Rede Ende vergangener Woche sagte er, solche Kinder seien in ihren Familien weder an Arbeit noch an Geld gewöhnt. Der derzeitige Spitzenkandidat der Republikaner schlägt deshalb vor, diese armen Kinder als „Hilfshausmeister“ einzustellen: Sie sollen die Fußböden und die Klos in ihren Schulen putzen.

Bislang haben sich mehrere republikanische Kandidaten, aber auch Obamas Wahlkampfhelfer vor allem auf Romney eingeschossen. Er tritt im Vorwahlkampf selbstbewusst und siegesgewiss auf und hat deutlich mehr Kampagnengelder gesammelt als Gingrich. Die Basis freilich misstraut ihm. Und seine Umfragewerte stagnieren seit Langem. Mit Cains Ausscheiden werden die Karten im republikanischen Lager neu gemischt. Cains Anhänger kommen vor allem von der rechten Tea Party. Die meisten von ihnen dürften in Gingrichs Lager wechseln.