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Archiv-Artikel

Ermittlungen weiter auf dem Prüfstand

Trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshof zur „militanten gruppe“: Die Bundesanwaltschaft ermittelt aufgrund des Terror-Paragrafen 129a weiter gegen G 8-Gipfel-Gegner im Norden. Für die Verteidiger ein „Verzweiflungsakt“

Die Bundesanwaltschaft (BAW) wird das Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche G8-Gipfel-Gegner aus Bremen und Hamburg wegen des Verdachts der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ (§ 129a Strafgesetzbuch) fortführen. Daran ändere die Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) zur „militanten gruppe“ (mg) vorerst nichts, sagte gestern BAW-Sprecher Frank Wallenta der taz. „Es liegen im G 8-Komplex Beschwerden gegen bestimmte Ermittlungsmethoden vor. In dem Rahmen wird der BGH noch mal entscheiden müssen“, sagte Wallenta.

In einer Leitsatzentscheidung zur mg und zum Paragrafen 129a Strafgesetzbuch (StGB) hatte der BGH am Mittwoch die Auffassung vertreten, dass Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge oder leere Gebäude die Staats- und Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik nicht erschüttern. Deshalb könnte nicht – entgegen der BAW-Auffassung – der Paragraf 129a StGB, sondern allenfalls der Paragraf 129 StGB („kriminelle Vereinigung“) zur Anwendung kommen. Das sei jedoch Aufgabe der Ermittlungsbehörden vor Ort.

Im Paragraf-129a-Verfahren gegen die G 8-Gipfel-Gegner werden den Beschuldigten nur derartige Straftaten vorgeworfen. Vor allem im Raum Hamburg und Berlin war es vor dem G 8-Treffen zu Brandstiftungen an Pkw und Farbanschlägen auf Hausfassaden gekommen. Am 9. Mai ließ die BAW mittels des Paragrafen 129a StGB von 900 Polizisten 40 Objekte im Norden und dem Berliner Raum durchsuchen. Gegen 18 Beschuldigte aus Bremen, Berlin und Hamburg wird ermittelt. Gegen die Hausdurchsuchungen wehrten sich mehrere Betroffene mit Beschwerden beim BGH, über die wohl in zwei Wochen entschieden wird. „Dann werden wir sehen, ob der BGH es hier anders sieht“, sagte Wallenta. Es gebe keinen Grund, vorher etwas umzustellen.

Für den Hamburger Anwalt Andreas Beuth, der Razzia-Betroffene vertritt, ist das Verhalten der BAW „aus ihrer Sicht zwar konsequent“, so Beuth, „jedoch ein Verzweiflungsakt, die Zuständigkeit zu behalten“. Beuth geht fest davon aus, dass der 3. BGH-Senat – wie in einem Brief an die VerteidigerInnen angekündigt – im G 8-Komplex ebenso entscheidet.

Die Frage wird allerdings sein, ob der BGH im G 8-Verfahren – wie bei der mg – die „besondere Bedeutung des Falles“ bejaht. Dann würde die Zuständigkeit auch in diesem Fall bei den Bundesanwälten in Karlsruhe verbleiben. KAI VON APPEN