KURZKRITIK: RADEK KROLCZYK über das „Inzwischen“ : Galerie statt WG-Zimmer
Anderswo sind Ausstellungen in Wohnungen beinahe normal. In Bremen ist sowas selten.
Den März über steht in einer WG ein Zimmer leer. Also finden dort nun Ausstellungen statt. Gezeigt werden Arbeiten junger Künstler aus Bremen und Hamburg. Die Heim-Galerie heißt „Inzwischen“ – ein Verweis auf das Temporäre. Die Ausstellungen existieren immer nur einen Abend. Und ab April ist das Zimmer wieder bewohnt.
Letzten Freitag fand die erste Eröffnung statt. Und? Klar fühlt man sich an eine WG-Party erinnert: Erst muss man klingeln, im Flur steht eine Waschmaschine, der Rotwein wird aus der Küche heraus verkauft.
Die Sache hatte sich rumgesprochen. Die lokale Kunstszene war gut vertreten – obwohl zeitgleich in der Weserburg die Ausstellung „Land in Sicht“ eröffnet wurde. „Ich hatte keinen Bock auf Landschaften und wollte Nackte sehen“, sagte eine Besucherin. Der junge Hamburger Fotograf Timur Yüksel zeigte eine Serie Akt-Polaroids. In Datingforen findet er seine Modelle. Er besucht sie in ihren Wohnungen und macht exakt vier Aufnahmen. Die Körper sind auffällig: Eine dicke Frau mit roten Haaren sucht unglücklich ihre Pose. Ein alter Mann mit einem riesigen Penis blickt zufrieden in die Kamera. Bei einer Frau fallen lange Schnitte auf, wo ihre Brüste waren. Authentizität ist Yüksel wichtig. Dafür sprechen Motiv und Material. Vor einem Fenster dudelt der Künstler Felix Luczak spacigen Ambient auf einer alten Elektroorgel.
Spannend. Am nächsten Freitag also wieder ins Inzwischen.
Infos unter: http://inzwischen2015.tumblr.com/
■ Der Autor ist Betreiber der Galerie K-Strich