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Archiv-Artikel

monday mirror Merry Kitschmas!

taz-Redakteurin Susanne Lang arbeitet zurzeit beim Guardian in London. In ihrer wöchentlichen Kolumne schreibt sie über die britischen Medien.

Angenommen, jemand böte den heiligen Propheten auf einer Harley im Internet zum Kauf an. Als Tischfigur „Christ on a bike“. Im Weiteren würde dieser jemand an einem heiligen Ort einen Teddybären der besonderen Art anpreisen: ein Modell namens Kuschelurne, das die Asche lieber Verstorbener unter seinem Fell bewahrt.

Schließlich würde dieser jemand einen USB-Stick wärmstens empfehlen, der den Konturen der Jungfrau Maria nachgeformt ist. Steckt man ihn in einen Computer, beginnt ihr Herz rot zu leuchten. Wäre dieser jemand ein guter, frommer Mensch?

Natürlich gerade dann, so sehen es jedenfalls Steve Goddard und Simon Jenkins, die beiden Herausgeber des Internetmagazins Ship of Fools (www.shipof fools.com). Seit neun Jahren bieten die beiden Journalisten dort all jenen ein Forum, die gläubig sind und trotzdem die widersprüchlichen, heiklen Seiten ihres Glaubens kritisch reflektieren wollen.

Mittlerweile diskutieren und veralbern auf den Foren von Ship of Fools weltweit gut 13.000 Menschen Aspekte des Christentums – eine aufgeklärte Antwort auf religiösen Fundamentalismus aller Art. Während in Sudan einer britischen Lehrerin vergangene Woche der Prozess gemacht wurde, weil sie ihrem Teddybären den Namen Mohammed gegeben hatte, präsentieren Jenkins und Goddard lieber ihren Urnenteddy.

Er ist Teil einer zwölfteiligen Kollektion alternativer Weihnachtsgeschenke, mit der Ship of Fools auch dieses Jahr die „12 Days of Kitschmas“ feiert, zwölf Tage Kitschweihnacht.

Die beiden Gründer von Ships of Fools haben jedoch nicht nur alberne Gimmicks wie etwa den Stringtanga mit Mutter-Gottes-Jesus-Aufdruck oder das Papst-Parfüm „Eau de Cologne nach Pius XI.“ ausgewählt. Mit einem dreizehnten, zusätzlichen Geschenk, einer Holzkrippe mit Schutzwall, bezieht Ships of Fools auch politisch Stellung. Würde Jesus im Jahr 2007 geboren, müsste die Weihnachtsgeschichte anders geschrieben werden: Die Heiligen drei Könige jedenfalls hätten dem Gotteskind im Stall keine Gaben überbringen können. Vertrieben wird die Krippe von der britischen Charity-Organisation Amos Trust, geschnitzt wird in Palästina. In dortige Projekte gegen Armut fließt auch der Erlös zurück.

Die meisten anderen Geschenke stammen jedoch aus einem westlichen Teil der Welt: den Vereinigten Staaten, die allem Anschein nach doch noch nicht ganz von christlichen Fundamentalisten beherrscht werden.