: Glaube, lieber unverfasst
In Schleswig Holstein will eine Volksinitiative den Gottesbezug in der Landesverfassung erkämpfen. Viele sind dafür – Landesrabbiner Walter Rothschild nicht. Er stellt sich öffentlich gegen die Forderung. Einen direkten Bezug auf Gott in der Verfassung hielte er in vielerlei Hinsicht für problematisch, sagt er. Das beginne bereits bei der grundlegenden Definition, also bei der Frage nach Gott selbst. Jeder verstehe darunter nun mal etwas anderes, sagt Rothschild. Ein Passus in der Verfassung werde diesem Umstand niemals gerecht.
Bereits Anfang der Nullerjahre habe er davor gewarnt, Kirche und Staat wieder zu vermischen, als es auf europäischer Ebene um einen Gottesbezug in der EU-Verfassung ging. „So etwas hat in der Vergangenheit immer schlechte Konsequenzen gehabt“, sagt er.
Wenn Gott zum Fundament einer Verfassung gemacht werde, so werde damit jedes kleine Vergehen und jede Kritik an der Politik in gewisser Weise auch zu einem Vergehen an Gott. „Deshalb hatten wir die Aufklärung mit der Idee, die Herrschenden von der jeweiligen Gottesvorstellung zu trennen“, so der Rabbiner.
„Ich habe mich mein ganzes Leben lang mit Religion, Ethik, Moral und Glaubensfragen beschäftigt“, so Rothschild. „Nicht, dass Gott nicht wichtig ist, aber es ist naiv zu denken, wenn Gott in einer Verfassung erwähnt werde, werde die Gesellschaft dadurch in irgendeiner Form besser. Im Gegenteil, es kann sogar zu mehr Konflikten führen als bisher.“
Als Landesrabbiner von Schleswig Holstein ist Rothschild in vielen Gemeinden tätig, selbst lebt er in Berlin. „Meine Reaktion auf die Forderung soll keine Polemik sein, ich möchte einfach vor einem leichtfertigen Umgang mit einem so großen Begriff wie ‚Gott‘ warnen.“ FAL