: Parteiverbot: Karlsruhe fragt nach NPD-Spitzeln
JUSTIZ Verfassungsgericht will wissen, ob V-Leute in der NPD-Führung wirklich abgeschaltet wurden
KARLSRUHE taz | Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Sorge der NPD ernst, sie werde während des Verbotsverfahrens immer noch durch V-Leute ausgeforscht. In einem knappen Beschluss hat der zuständige Zweite Senat jetzt den Bundesrat aufgefordert, auf die Bedenken der NPD zu reagieren.
Ende 2013 hat der Bundesrat in Karlsruhe beantragt, die NPD zu verbieten. Sie wolle die parlamentarische Demokratie durch einen Volksstaat ersetzen, sie wolle sogar Einwanderer mit deutscher Staatsangehörigkeit ausweisen. Sie relativiere NS-Verbrechen und weise eine Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus auf. Die Bundesregierung und der Bundestag schlossen sich dem Verbotsantrag nicht an. Intern zweifelte man an den Erfolgsaussichten, weil die NPD derzeit nicht wirklich gefährlich erscheint.
Ein erstes NPD-Verbotsverfahren war 2003 gescheitert, weil der Verfassungsschutz auch nach Prozessbeginn noch viele NDP-Kader als V-Leute führte und diese daher „doppelten Loyalitätsansprüchen“ ausgesetzt seien. Diesmal versicherten die Innenminister jedoch per Testat, dass die im Antrag zitierten NPD-Kader jedenfalls seit 2003 nicht als V-Mann tätig waren. Außerdem wurden alle Spitzel in NPD-Vorständen auf Landes- und Bundesebene im Dezember 2012 abgeschaltet.
Schon im März 2014 hatte die NPD beantragt, das Verfahren wegen „Verfahrenshindernissen“ einzustellen. Es sei nicht bewiesen, dass die Parteiführung heute nicht mehr bespitzelt werde. In der Folge wurden einige Schriftsätze gewechselt, doch der Bundesrat konnte die Verfassungsrichter nicht zufriedenstellen.
Im März hat sich das Verfassungsgericht nun erstmals zu internen Beratungen über den NPD-Antrag getroffen. Dabei wurde der Bundesrat aufgefordert, zu belegen, dass die V-Leute in der NPD-Spitze wirklich abgeschaltet wurden und dass es auch keine „Nachsorge“ für die abgeschalteten V-Leute gab. Der Bundesrat soll auch die Weisungen vorlegen, wonach keine Informationen über die Prozessstrategie der NPD entgegengenommen oder jedenfalls nicht verwertet werden. Schließlich soll der Bundesrat noch darstellen, ob am NPD-Parteiprogramm von 2010 wirklich keine V-Leute mitgeschrieben haben. CHRISTIAN RATH