: Versprechen in letzter Minute
CDU-Kultusminister Bernd Busemann will die Klassenstärken in Niedersachsen senken. Die Grünen halten diese Ankündigung gut sechs Wochen vor der Landtagswahl unter Hinweis auf die Haushaltsplanung für wenig glaubwürdig
Kultusminister Bernd Busemann (CDU) empfindet die Klassenstärken in Niedersachsen als zu groß: Schrittweise solle sie verkleinert werden, kündigte Busemann gut sechs Wochen vor der Landtagswahl in Hannover an. Bedarf gebe es vor allem bei den Gymnasien. Im Schnitt besuchen hier derzeit 27,9 SchülerInnen eine Klasse, etwa so viele wie in Bayern oder Baden-Württemberg. An den Integrierten Gesamtschulen Niedersachsens werden in einer Klasse 26, an den Realschulen 24,9 Schüler unterrichtet. An den Hauptschulen sind es im Schnitt 19,6 Schüler pro Klasse, an den Förderschulen im Schnitt 9,3.
Auch die grüne Bildungsexpertin Ina Korter hält die Klassenstärken im Land für zu groß, sie seien „so groß wie seit zwanzig Jahren nicht mehr.“ Verantwortlich dafür: auch Busemann, der die Klassenobergrenzen für Realschulen, Gymnasien und Gesamtschulen stark angehoben habe. „Jahrelang“, sagte Korter, „hat der Minister behauptet, die Klassengröße sei für den Lernerfolg unerheblich“. Die Schülerdichte zu diesem Zeitpunkt verringern zu wollen, sei nichts als ein „Last Minute-Versprechen“. Die Kehrtwende kurz vor der Wahl sei „kaum glaubwürdig“, betonte Korter. Bezeichnend dafür sei, dass in der Haushaltsplanung Mittel für kleinere Klassen nicht vorgesehen seien.
Busemann hatte weiter versprochen, sich nach der Wahl dafür einzusetzen, das durchschnittliche Einschulungsalter in Niedersachsen zu senken. Mit derzeit 6,7 Jahren sei es zu hoch, „daran müssen wir arbeiten“, betonte Busemann. Vorstellbar sei, den für die Einschulung jetzt gültigen Stichtag 30. Juni um drei Monate zu verschieben. Bislang werden nur Kinder eingeschult, die zur Jahresmitte das sechste Lebensjahr erreicht haben.
Zudem bekräftigte Busemann seine Absicht, das Verbot zur Gründung neuer Gesamtschulen im Land nach der Wahl zu lockern. „Das ist eine Sache des Wollens, und das ist gegeben, also werden wir es auch so tun.“ SPD und Grüne hingegen fordern, das Verbot sofort zu kippen und haben eigene Gesetzentwürfe in den Landtag eingebracht. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte nach massiven Elternprotesten und Kritik der Opposition im September angekündigt, die Errichtung in Einzelfällen zu erlauben. Seit 2003 war dies gesetzlich verboten. Die insgesamt 59 Gesamtschulen im Land mussten vor den Sommerferien mangels Kapazitäten rund 2.000 Kinder ablehnen. KAI SCHÖNEBERG