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Archiv-Artikel

WIE EIN ONLINE-FILMEMACHER DIE STAATSANWALTSCHAFT BESCHÄFTIGT Autofahrt mit Fadenkreuz

Eine Gewehrsalve eröffnet den Videoclip. Dann geht es mit dem Auto von St. Jürgen über die Altstandinsel bis zum Hudekamp. Ein Fadenkreuz, das an ein Zielfernrohr erinnert, nimmt Lübecker Straßenszenen ins Visier. „Früher waren sie Ziegenhirte am Bosporus, jetzt habe sie ihre eigene Läden“, sagt eine Stimme, „tolle Sache.“

Alles nur ein Hobby, ja eine Parodie, bemüht sich Uwe W. zu erklären, der das Video gedreht hat. Er sei weder rechts noch rassistisch. Über 700 solcher Videos hat W. – der sich im Netz „Heimatschutzminister“ nannte – hergestellt und online veröffentlicht. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck wegen Volksverhetzung gegen ihn.

Ins Rollen brachte das allerdings erst eine Anzeige des Grünen-Politikers Karl-Heinz Haase. Er war Anfang Dezember beim Videoportal Youtube auf W.s Clips gestoßen, darunter einer, der einen Ausflug nach Auschwitz zeigt. Unter dem Titel „Please, take me to Auschwitz“ ist eine asiatisch aussehende Frau vor den Verbrennungsöfen zu sehen. W. lässt sie „bye, bye“ sagen und sagt selbst: „Sandy, die Öfen sind noch warm, bye, bye Sandy.“ Zu hören ist auch, „hier“ sei Rudolf Höß „umgebracht“ worden, der einstige Kommandant des Konzentrationslagers.

Der Video impliziere die Leugnung von Höß’ Taten, sagt Haase. Ihn entsetze, dass in den Filmen Menschen mit Migrationshintergrund ins Visier genommen werden.

Nicht nur in Lübeck, auch in Ahrensburg, Reinfeld und Bad Oldesloe war W. mit Auto und Kamera unterwegs und platzierte die Ergebnisse auf Youtube. Seit Jahren soll er diesem „Hobby“ nachgekommen sein. Zwischen sechs und knapp fünfzehn Minuten sind seine Filme lang, die nun die Staatsanwaltschaft auswertet. Die Videos hat Youtube mittlerweile gelöscht. Auf dem Portal finden sich aber längst ähnliche „Stadtrundfahrten“ – hochgeladen vom Nutzer „Ghettopolizei“.Hinweis:ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland