OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Hedy Lamarr war eine der attraktivsten Schauspielerinnen des klassischen Hollywood. Rund siebenundzwanzig Jahre währte die Karriere der gebürtigen Österreicherin, fast zwanzig Jahre arbeitete sie in der amerikanischen Traumfabrik. Doch von alledem ist nur wenig in Erinnerung geblieben: Als Lamarr im Jahr 2000 im Alter von 85 Jahren starb, war sie einem breiten Publikum schon längst kein Begriff mehr. Kurioserweise hatte sie gegen Ende ihres Lebens noch einmal Aufmerksamkeit auf einem gänzlich anderen Gebiet bekommen: Sie erhielt eine Reihe von Wissenschaftspreisen für ihre Erfindung eines Torpedoleitsystems, das sie gemeinsam mit dem Komponisten Georges Antheil in den 1940er Jahren hatte patentieren lassen. Ihre letzten Jahre verbrachte Lamarr zurückgezogen lebend in Florida; Kontakt zur Außenwelt hielt sie in der Regel per Telefon. Hier setzt die Dokumentation „Calling Hedy Lamarr“ (2004) des österreichischen Regisseurs Georg Misch an: Der Film begleitet Lamarrs Sohn Anthony Loder bei Recherchen für ein – vielleicht nur fiktives – Filmprojekt über seine Mutter und montiert die Aufnahmen von dessen Gesprächspartnern wie eine große Telefonkonferenzschaltung, bei der sich Freunde, Verwandte und Nachbarn Lamarrs in ihren Ansichten über die oft mysteriöse Hedy beipflichten oder auch nur allzu gern widersprechen. Gelegentlich mischt sich dann auch Hedy selbst noch einmal ein – in Tonbandaufzeichnungen, die ihr Sohn einst von Telefongesprächen mit der Mutter anfertigte. Dabei ergibt sich ein ebenso komplexes wie unterhaltsames Porträt des Stars, das nicht mit letzten Wahrheiten aufwarten will, sondern dem Star ein wenig sein Geheimnis lässt. Dass die Technologie des ominösen Torpedoleitsystems heute in jedem Mobiltelefon steckt und dass Anthony Loder seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Telefonen verdient, lässt das Konzept des Film nur noch hübscher erscheinen. (20. 12., Lichtblick-Kino)

Geht es um die „Nibelungen“, ist nationales Pathos oft nicht weit. Nun ergibt sich die Möglichkeit, den ersten Teil von Fritz Langs Stummfilm zum Thema mit ungewöhnlicher Musikbegleitung anzusehen: Die Alternative-Countryband Las Mañanitas spielt live zum Film und wird sich an Leitmotiven aus Richard Wagners Opernzyklus orientieren. Walkürenritt auf dem Banjo also, mal sehen, wie das zu Langs streng stilisiertem Ritter- und Familiendrama aus dem Jahr 1924 passt. (17. 12., Tilsiter Lichtspiele)

Bevor das Traditionskino Die Kurbel endgültig die Pforten schließt, zeigt man noch einmal einen der ganz großen Straßenfeger der Filmgeschichte. „Vom Winde verweht“, die Verfilmung von Margaret Mitchells Südstaaten- und Bürgerkriegsepos mit Vivien Leigh und Clark Gable, zeigt uns zum Kino-Abschied, wie Hollywood in seinen Glanzzeiten handwerklich perfekte Unterhaltung herstellte: ein leicht größenwahnsinniges Selznick-Werk in wunderschönem Technicolor, angesiedelt zwischen intimem Melodram und epischer Action, gleichermaßen Kitsch wie Kunst. (15. 12.–21. 12., Die Kurbel) LARS PENNING