Kurzkritik: CHRISTIAN JAKOB über „Kollegah“
: Goldkette im Gymnasium

Rappern wie „Kollegah“ ihre penetrante Großmäuligkeit vorzuhalten, ist ungefähr so sinnvoll wie Volksmusikanten vorzuwerfen, ihre Musik sei so unerträglich weichgespült. Beides ist Programm. Die Frage ist nur: Will man das mit anhören?

Um die Penisgrößenwitzchen von „Kollegah“, selbsternanntem Zuhälter-Rapper, halbfertigem Jurastudent und stolz auf ein Strafverfahren wegen Besitzes von etwas Speed anzuhören, waren jedenfalls rund 1.000 Leute ins Modernes gekommen. Die von verschiedener Seite erhobenen Forderungen, „Kollegah“ wegen seiner frauen- und schwulenfeindlichen Texte nicht auftreten zu lassen, dürfte diese Zahl nach oben getrieben haben.

Zu hören war eine missratene Mischung aus Mike Krüger und Eminem. Konsequent variationsfrei mit „also Freunde“ eingeleitet, gab es zwischen den Tracks über sein „Boss-Leben“ („Anabolika, ich hab breite Schultern, Geld auf den Tisch, ich will weißes Pulver“) die immer gleichen Zoten über die sexuelle Misshandlung eines anderen Rappers mit Gemüse.

Als der aus dem Hunsrück-Dorf Simmern stammende Kollegah ihnen verriet, wie man es am besten anstellt, ein ordentlicher „Gangbanger“ zu werden, da jubelten die Neuntklässler und Azubis, die Mädchen filmten mit offenen Mündern, das Smartphone in der Hand, wie er sie als Schlampen beschimpfte, alle zusammen streckten die Mittelfinger hoch und schrien „Du bist der Sohn einer Hure“ als Kollegah die Namen anderer Rapper seiner Sorte fallen ließ. Zum Dank gab’s praktische Lebenshilfe: „Wenn ihr morgen in der Schule seid, und der Lehrer will was, dann sagt einfach: ‚Guck‘ auf die Goldkette!“