Anschlag auf Islamisten-Zeitschrift

ISTANBUL Explosion in Zeitschriftenredaktion verweist auf Syrienkonflikt

Am Mittwochabend wurde vor der Eingangstür der Zeitschrift Adimlar (Schritte) eine Bombe gezündet, die einen Mitarbeiter tötete und drei weitere teils schwer verletzte. Nach Berichten türkischer Medien steht die Zeitschrift der radikalislamistischen Organisation IBDA-C nahe. IBDA-C wird in den USA und Europa als Terrororganisation eingestuft. Nach Berichten eines linken Onlinemagazins hat im letzten Herbst in den Räumen von Adimlar ein Treffen mit Unterstützern des sogenannten Islamischen Staats (IS) stattgefunden, wo über eine Unterstützung der IS-Kämpfer in Kobane gesprochen worden sein soll.

Die Zeitschrift hat ihren Sitz im Istanbuler Stadtteil Kaghithane, im dritten Stock eines kleines Bürohauses. Die Wucht der Explosion war so groß, dass selbst Teile der Fassadenmauer weggesprengt wurden. Die Ermittlungen der Polizei über mögliche Täter sind noch völlig offen. Trotzdem wird natürlich ein politisches Motiv vermutet. In islamistischen Kreisen tauchte sofort die Vermutung auf, der US- oder israelische Geheimdienst könnte dahinterstecken, aber das ist wohl nicht mehr als ein nahezu automatischer Reflex. Wahrscheinlicher ist wohl, dass der Anschlag nach Syrien verweist. In der Zeitschrift soll die kurdische PKK und ihr syrischer Ableger PYG immer wieder angegriffen worden sein. Wenn es stimmt, dass Adimlar die IS-Militanten unterstützt hat, dürften sie sich des Zorns vieler Kurden sicher sein.

Es wäre nicht das erste Mal, dass der Krieg in Syrien auch in der Türkei zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führt. Erst vor wenigen Monaten sprengte sich eine vermutliche IS-Attentäterin vor einer Polizeistation in Istanbul in die Luft, davor hat es mehrfach Versuche gegeben, IS-Gegner in der Türkei zu kidnappen und nach Syrien zu verschleppen. JÜRGEN GOTTSCHLICH