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Archiv-Artikel

Union uneins über Kinderschutz

In der CDU wächst die Unterstützung für den SPD-Vorschlag, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. Aber die Rechtspolitiker der Konservativen wehren sich noch

Von CHR

FREIBURG taz ■ Die SPD fordert die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung und kann neben den Oppositionsparteien auch immer mehr Unions-Politiker dafür begeistern. Am Wochenende äußerte Agrarminister Horst Seehofer „Sympathien“ für den Vorschlag. Ähnliches hatte zuvor Familienministerin Ursula von der Leyen gesagt.

„Jedes Kind hat das Recht auf eine positive Entwicklung und Entfaltung sowie auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit.“ Mit diesem Vorschlag zur Ergänzung des Grundgesetzes ging SPD-Parteichef Kurt Beck vor einer Woche an die Presse.

Damit hat Beck aber nicht nur die Union in die Defensive gedrängt, sondern auch die eigenen Leute verwirrt. Das SPD-Präsidium hat nämlich eine andere Formulierung beschlossen, bei der nicht ein „Höchstmaß“ an Gesundheit und auch keine „positive“ Entwicklung garantiert werden soll. Dafür ist allerdings ein Recht auf „gewaltfreie Erziehung“ enthalten, das Parteichef Beck gar nicht erwähnte.

Der richtige SPD-Vorschlag lautet: „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Vernachlässigung. Die staatliche Gemeinschaft achtet schützt und fördert die Rechte des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen.“ Diese Formulierung steht bereits in der Bremer Landesverfassung.

Widerstand kommt bisher vor allem von der CDU-Fraktionsspitze um Volker Kauder und CDU-Rechtspolitikern wie Jürgen Gehb. Dieser hält eine Grundgesetzänderung für überflüssig, weil es kein verfassungsrechtliches Defizit gebe. Man solle das Grundgesetz nicht zum Neckermann-Katalog machen, in dem bald noch der Schutz von „Dicken, Dünnen und Greisen“ ausdrücklich erwähnt werde.

Am Mittwoch will Bundeskanzlerin Merkel (CDU) bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder über bessere Hilfen für Kinder reden. Vermutlich wird der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck dann die umstrittene Grundgesetzänderung ansprechen. CHR

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