: „Zerstörerischer Wettbewerb“
Die Linkspartei in Bremen will sich „nicht aus der Politik verabschieden“ – sie fordert Steuererhöhungen zugunsten Bremens und ein Ende des „Kotaus vor Karlsruhe“
Interview JAN ZIER
taz: Der Parteivorstand der Linken hat sich am Wochenende erneut mit der Fraktion solidarisiert. Haben die Linken sich jetzt wieder lieb? An der Basis rumort es weiter.
Klaus-Rainer Rupp: Ich bin relativ sicher, dass die Konflikte, die wir zurzeit haben, mit Politik vergleichsweise wenig zu tun haben. Gleichwohl sind es ernsthafte Konflikte. Wir wollen den Leuten aber nicht den Gefallen tun, uns deswegen aus der Politik zu verabschieden.
Jetzt konstatiert die Linke anlässlich der Debatte um den neuen Etat, dass eine Sanierung Bremens „aus eigener Kraft weiterhin unmöglich“ ist.
Unserer Meinung nach ist eine fiskalische Sanierung durchaus denkbar. Der Preis dafür wäre allerdings eine vollständige Aushöhlung dessen, was das soziale Fundament dieser Stadt ist.
Und deswegen darf auch die Gehaltserhöhung der Beamten nicht verschoben werden?
Das Spiel, Betroffene gegeneinander auszuspielen, ist zynisch. Die Beamten haben seit fünf Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen. Eher muss man über Mindestlohn für Beamte reden.
Bleibt der Vorwurf, die Linke würde mehr Geld ausgeben wollen, ohne zu sagen, woher es kommen soll.
Es müssen Steuern erhoben werden, die Bremen erlauben, seinen Aufgaben nachzukommen. Zudem hat es ja deutlich höhere Einnahmen in diesem Jahr gegeben. Wir finden es aber falsch, damit ausschließlich Schuldentilgung zu betreiben.
Andere Länder sollen mehr Geld ausgeben, damit Bremen so weiter machen kann?
Zunächst einmal sollen die Reichen in diesem Land stärker besteuert werden, damit Kommunen wie Bremen am Leben bleiben können. Bremen ist eine reiche Region. Das einzige, was fehlt, ist öffentliches Geld. Und man muss auch über eine Entschuldung der Kommunen reden. Eine Aufgabe der Eigenständigkeit würde das fiskalische Problem jedenfalls nicht lösen.
Wo sind die Verbündeten?
Ich fürchte, die gibt es noch nicht. Die gibt es aber erst recht nicht, wenn man sich gegenüber Karlsruhe verpflichtet, den Haushalt allein zu sanieren. Oder wenn man Hoffnungen in eine Föderalismusreform steckt, die eine weitere Knebelung der öffentlichen Hand zur Folge hat. Das mündet in einem zerstörerischen Wettbewerb. Man sollte mal den Armutsbericht der Arbeitnehmerkammer nach Karlsruhe schicken.
In Karlsruhe vertritt man eher die Auffassung, Bremen gibt zu viel Geld aus.
Der Kotau vor Karlsruhe ist der falsche Weg. Es muss ein Umdenken stattfinden: Ein Land wie Bremen muss seine Mittel offensiv einklagen, gegenüber dem Bund, gegenüber den anderen Ländern. Und zwar nicht gegen die anderen Länder, sondern mit ihnen. Man muss mit Bayern zusammen dafür sorgen, dass der Bund Steuergesetze macht, die Bayern und Bremen nützen. Wir fürchten, dass Bremen nach dem Urteil aus Karlsruhe noch mehr geknebelt wird, als das ohnehin schon der Fall ist. Das ist ein Weg, der in eine andere Gesellschaft mündet: In den neoliberalen Ministaat, der sich auf Polizei, Justiz und Finanzverwaltung beschränkt.
Ein Vorwurf vor allem an die Grünen?
Meines Erachtens ist klar, dass das neoliberale Staatsverständnis durchaus Sympathien in allen Parteien hat. Die Finanzsenatorin und die rot-grüne Landesregierung werden sich daran messen lassen müssen, inwieweit der Haushalt Armut in Bremen konkret bekämpft.