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heute in bremenUnbedingt Bühnenreif

Allerlei Geringverdiener werden Teil eines Theaterstückes

taz: Herr Rettig, ist das Prekariat tatsächlich schon bühnenreif?

Michael Rettig: Unbedingt! Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, um die es in meinem neuen Theaterstück geht, sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dazu muss Theater Stellung nehmen. Seriöse Statistiken sagen, dass knapp die Hälfte aller Erwerbstätigen mit Löhnen zwischen 4,50 und neun Euro herumkrebsen. Das empört mich, genau wie es mich wütend macht, wenn diesen Menschen vorgeworfen wird, sie säßen nur vor der Glotze und schaufelten Kohlehydrate rein.

So wie es der Ex-Grüne Oswald Metzger gesagt hat. Wie gehen sie das Thema an?

Das Stück basiert auf Interviews, die ich mit Betroffenen gemacht habe. Dem Citipost-Boten etwa, der 6,50 Euro in der Stunde verdient, oder einer Frau aus Osterholz-Tenever, die sich bei jeder Busfahrt überlegen muss, ob sie sich die leisten kann. Diese Leute werden mit Videointerviews auftauchen, andere Elemente bilden Rilke-Gedichte und das Märchen vom „Arm Kind“ aus Büchners Woyzeck.

Laut Ankündigung liegt der Schwerpunkt gerade nicht auf dem Beklagen.

Ich wollte das verbreitete Klischee über prekär Beschäftigte umdrehen. Natürlich gibt es die, die aufgegeben haben, und die sitzen dann auf der Couch. Aber es gibt auch die, von der denen die Mittelschicht einiges lernen kann. Das sind die Überlebenskünstler, die trotz schwieriger Lage über Lebenslust verfügen, flexibel sind und immer noch den Kopf oben behalten.

Nach dem Motto: „Es geht uns doch prima?“

Nein. Es sind schwere Bedingungen, unter denen diese Leute leben. Fragen: Fez

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