: Der Fall Temme
ZUFALL 5 Beim NSU-Mord an Halit Yozgat in Kassel saß der Verfassungsschützer und V-Mann-Führer Andreas Temme im Café
BERLIN taz | Am 6. April 2006 wird in seinem Internetcafé in Kassel Halit Yozgat als vorletztes Mordopfer des NSU erschossen. Am Tatort zugegen ist auch der hessische Verfassungsschützer Andreas Temme – ein früherer Postler, der aus Angst vor der Privatisierung der Post beim VS angeheuert hatte. Temme, V-Mann-Führer des Neonazis Benjamin G. (Deckname „Gemüse“), surfte zum Tatzeitpunkt in einem Datingportal. Von dem Mord will er nichts mitbekommen haben.
Am Mordtag hatte G. kurz vor 13 Uhr auf Temmes Handy angerufen. Später, rund 50 Minuten vor den Schüssen, ruft Temme den V-Mann von seiner Dienststelle zurück. 20 Minuten nach dem Telefonat verlässt Temme seine Dienststelle – und fährt ins Internetcafé. Belege dafür, dass Temme gezielt wegen des Mordes in das Café gelotst wurde, gibt es nicht.
Die Aufklärung beförderte der hessische Verfassungsschutz aber auch nicht: Für seine Zeugenaussage stellte es Temme einen Anwalt. Und bei dem Anruf eines hessischen VS-Beamten bei Temme fällt der Satz: „Ich sage ja jedem, wenn er weiß, dass irgendwo so etwas passiert, bitte nicht vorbeifahren.“ MARE