: Türkei jagt die PKK
Soldaten überschreiten die Grenze zum Nordirak. Die Autonomieregierung ist empört über die Aggression
ISTANBUL taz ■ Nach den Luftangriffen vom Wochenende hat die türkische Armee in einer begrenzten Aktion in der Nacht von Montag auf Dienstag auch mit Bodentruppen die Grenze zum Nordirak überquert. Dabei ging es nach Angaben eines türkischen Militärsprechers um die Abwehr eines Angriffs der kurdischen PKK.
Sprecher der nordirakischen Autonomieregierung hatten anfangs den Eindruck erweckt, als hätte die türkische Armee auf breiter Front die Grenze überschritten und würde die seit Monaten diskutierte Großoffensive gegen die Stellungen der PKK im Nordirak beginnen. Einige Stunden später räumte aber der Sprecher der nordirakischen kurdischen Milizen, Dschabar al-Jawar, ein, dass es sich um einen begrenzten Vorstoß von wenigen Kilometern handelte, bei dem es zu keinen Gefechten kam.
Die Autonomieregierung ist empört, dass sie nicht vorab von dem türkischen Angriff auf PKK-Lager im Nordirak unterrichtet worden war. Massoud Barsani, Chef der Autonomieregierung, verwahrte sich gegen die Aggression und beschwerte sich, dass sich noch türkische Soldaten auf irakischem Territorium befänden. Iraks Außenminister Hoschiar Sebari bewertete die Angriffe militärisch als Misserfolg, weil die türkischen Piloten „die falschen Ziele angegriffen hätten“. Es seien Dörfer statt PKK-Stellungen bombardiert worden.
Dem widerspricht das türkische Militär heftig. Keine zivilen Ziele, so Generalstabschef Yasar Büyükanit, seien getroffen worden. Die Fernsehanstalten zeigten Videobilder von Zielkameras. Punktgenau hätten die lasergesteuerten Bomben ihre Ziele getroffen und das PKK-Hauptquartier zerstört. Laut Washington Post hatten die USA Satellitenbilder geliefert und damit die Ziele „praktisch vorgegeben“.
Neben der propagandistischen Aufarbeitung der Luftangriffe setzte Präsident Abdullah Gül vor der Presse noch einen anderen Akzent. Er betonte, dass der Kampf gegen die PKK militärisch letztlich nicht zu gewinnen sei, und erinnerte an die Debatte um eine Amnestie für PKK-Kämpfer.
Kurz bevor Gül über mögliche Amnestieangebote für PKK-Militante sprach, zeigte die Staatsgewalt wieder ihre Unversöhnlichkeit gegenüber kurdischen Politikern, die sie der Unterstützung der PKK verdächtigt.
Am späten Montagabend wurde Nurettin Demirtas, Vorsitzender der kurdischen Partei DTP, am Flughafen festgenommen, nachdem er gerade aus Deutschland kommend gelandet war. Die Behörden werfen Demirtas vor, er hätte sich mit einem gefälschten Attest vor dem Militärdienst gedrückt. Die Vorwürfe kursieren schon länger, Demirtas hat sie immer zurückgewiesen. Trotzdem könnte es sein, dass er nun dem Militär zur Ableistung seines Grundwehrdienstes überstellt wird.
JÜRGEN GOTTSCHLICH
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