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In der Weihnachtsdichterei
Eingehüllt in Kerzenschimmersaß er da in seinem Zimmer,Joseph Mohr, der Priesterdichter,schaute in die gelben Lichter.
Kätzchen schnurrte, Ofen heizte,als er seine Finger spreizte:Joseph Mohr, der Meister langte– Mond, der gelb im Fenster prangte –
nach der Feder mit viel Würdeangesichts der großen Bürde,die ihm da von Gottes Gnadenfür die Menschheit aufgeladen.
Draußen stoben Flocken, weiße ...Joseph aber brummte: „Scheiße!“Denn er litt, trotz Gottes Gnade, grade jetzt an Schreibblockade.
„Scheint so, dass ich heut nichts peile –nicht mal eine erste Zeile!Ob vielleicht ein paar Promille ...?“,dachte Joseph in die Stille
dieser Nacht, in der seit achtealle schliefen, einsam wachteer mitsamt der trauten Katze.Hinten rief schon die Matratze ...
Als ein Geistesblitz ihn schreckte,dass er seine Finger leckte.Und dann schrieb er und frohlockte:
„Stille Nacht, heilige Nacht!Alles schläft, einsam wachtnur das traute hochheilige Paar ...“
Doch an dieser Stelle stocktesein Gedankenfluss. Im Keimeschier erstickt warn alle Reime.
Josephs Kopf sank auf die Wampe:„Gieß ich mir was auf die Lampe“,meinte er und wurde heiter,„und dann geht es hurtig weiter!“
Darum trank an dieser Stelleder Herr Mohr sich zwei, drei Helle.Dabei ist es nicht geblieben:Denn es folgten noch mal sieben.
„Nehm ich jetzt noch was vom Weine,dichtet es sich von alleine!“,rülpste Joseph, nahm vom Roten,um das gleich mal auszuloten.
Wollte weiterreimen: „Holder ...“,fiel sein Blick auf den Wacholder,nahm die Flasche, und er nippteerst mal nur, dann aber kippte
er den Alk sich froh und munterseinen frommen Hals hinunter.Joseph Mohr, der Dichter, fühlte,wenn er mehr noch runterspülte ...
Wollte schnell mal in den Keller,draußen wurde es schon heller,Doch sein Blick war ein getrübter,auch sein Schritt war mal geübter,
wankte, schlug fast auf die Planken,und, anstatt schön nachzutanken,lief Herr Mohr, und das behände,vor die Schränke, Truhen, Wände.
Was sonst unten, war jetzt oben,rechts war, hicks, nach links verschoben.Drücken in der Magengrubetrieb ihn aus der guten Stube,
und mit unheiliger Mienetorkelte er zur Latrine.Draußen krachte er – „Gestatten,Joseph Mohr!“ – in die Rabatten!
Leise rieselten die Flocken,aus der Ferne tönten Glocken,weit und breit von Christ, dem Retter,nichts zu sehen bei dem Wetter.
Aber Joseph kam alleine,wie auch immer, auf die Beine,schaffte es noch bis zum Klo,reiherte, sank auf den Po,
betete gen Himmel: „Vater,ich versprech dir, nach dem Katerdichte ich den Rest der Strophen –aber erst mal muss ich pofen!“
Bernd Penners