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Archiv-Artikel

Aber wer zum Teufel wird

Das Medienjahr 2007 im Rückblick (I bis Q): Alle lieben Posh – können es aber nicht zeigen

In eigener Sache: Am 4. Juli erscheint die letzte Ausgabe der taz nrw, nachdem eine Rettungskampagne für den Regionalteil trotz unermüdlichen Einsatzes der Mitarbeiter gescheitert ist.

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Jahrmarkt der Eitelkeiten: Im Februar eröffnet er seine deutsche Dependance – Unter den Linden 10 lautet die repräsentative Adresse der Redaktion von Vanity Fair in Berlin. Das Cover der ersten Ausgabe teilt sich Schauspieler Til Schweiger mit einem Lämmchen – was auch schon Teil des 2007 viel diskutierten Vanity-Fair-Problems ist. Denn Til Schweiger ist nicht Brad Pitt und Berlin nicht Beverly Hills. Chefredakteur Ulf Poschardt versucht darüber hinwegzutäuschen, indem er möglichst viel Englisch spricht. „More or less“ laufe alles prächtig, sagt er den Spiegel-Kollegen, die das irgendwie nicht glauben wollen, und als er im Interview mit dem Onlinedienst dwdl.de gefragt wird, ob es ihn störe, dass sein Gerede von der Zielgruppe der „Movers and Shakers“ so schlecht ankomme, antwortet er: „Spott ist eine der Formen der Anerkennung, die es in Deutschland für Innovationen gibt, die Konservative und Traditionalisten verstören.“ Schon klar: Wir alle lieben Posh, können das nur nicht zeigen.

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Kummer: Der gleichnamige Schweizer Journalist mit Vornamen Tom hat mit Courtney Love, über Genitalien gesprochen und mit Mike Tyson über Nietzsche – klar, dass deutsche Magazine ihm diese spektakulären Interviews in den 90ern aus den Händen rissen. Dumm nur, dass sie so nie geführt wurden. 2000 flog Kummer auf, verschwand von der Bildfläche und arbeitete angeblich als Tennistrainer in Los Angeles. 2007 meldet er sich mit gleich zwei Büchern zurück: „Blow Up“ ist die Rechtfertigung einer „Borderline-Personality“ (Ex-Tempo-Chef Markus Peichl), in der Kummer davon faselt, mit seinen Fälschungen eine „Neudefinition der Realität“ angestrebt zu haben. Das andere Buch, „Kleiner Knut ganz groß“, ist ein Interview mit einem Eisbären. Ist der Ruf erst ruiniert, plauscht‘s sich gänzlich ungeniert.

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Leute, deren Namen nur Insider kennen und die trotzdem wichtig sind: Da wäre Ulf Böge, 65 – er verabschiedet sich im Frühjahr als Präsident des Bundeskartellamts, nachdem er als letzten Coup die Übernahme der ProSiebenSat.1-Sendergruppe durch den Axel-Springer-Konzern platzen ließ. Böge hatte schon 2005 den Kauf der Berliner Zeitung durch Tagesspiegel-Herausgeber Holtzbrinck untersagt und erfolgreich gegen die geplante Liberalisierung des Pressefusionsrechts gekämpft.

Und da ist Hartmut Ostrowski, 44. Er ist der neue Chef des größten deutschen Medienkonzerns – Bertelsmann. In seiner Antrittsrede zitiert er die Pet Shop Boys und sagt dem Konzern eine langweilige Zukunft voraus: viel Service, kaum Internet.

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Murdoch: sprachlich etwas eigenartiger Fachbegriff, ziemlich unbeholfen zusammengesetzt aus den Bestandteilen Murren und Doch. Dass Rupert Murdoch zufällig auch so heißt – na so was. Rupert Murdoch, australisch-amerikanischer Medienmogul, der bereits weit mehr Zeitungen besitzt als andere Leute zum Beispiel Unterhosen, übernimmt trotz Murrens der Redaktion am Ende doch die wohl bekannteste Wirtschaftszeitung der Welt, das renommierte Wall Street Journal, und den ganzen Dow-Jones-Verlag, in dem sie erscheint, von seinen Eigentümern, der Bancroft-Familie. Wie sich die Aktien für das Journal in Zukunft entwickeln – offen.

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Nix wie weg: Was sehen Sie, wenn Sie aus dem Fenster gucken? Im Zweifel wenig. Zu dunkel. Man könnte glatt depressiv werden – wenn, ja, wenn es das Fernsehen nicht so gut mit uns meinen würde. Es tröstet uns: Ein anderes Leben ist möglich – aber nicht erstrebenswert! „Umzug in ein neues Leben“, „It‘s my life“, „Mein neues Leben XXL“, „Deutschland ade“ oder – weltläufiger – „Goodbye Deutschland“ heißen die beliebten Auswanderer-Dokusoaps, in denen man wildfremden Menschen dabei zuguckt, wie sie merken, dass ein Neuanfang in Neuseeland doch nicht so easy ist wie gedacht. Gut, dass wir zu Hause geblieben sind. Wie schön der Regen doch gegen die Scheiben prasselt!

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Outsourcing: Ein Verlag macht von sich reden – der des Dortmunder Verlegers Lambert Lensing-Wolff. Er tauscht die komplette Lokalredaktion seiner Münsterschen Zeitung aus – gegen eine ausgelagerte, so genannte Entwicklungsredaktion. Die kommt nämlich billiger. Der Deutsche Journalisten-Verband nennt das Vorgehen „menschenverachtend, skrupellos und ungerecht“. Lensing-Wolff wundert sich über die Schärfe der Kritik. Hier noch einmal die Einschätzung des Journalisten-Verbands: menschenverachtend, skrupellos, ungerecht.

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Pay-TV: Der eine Sender – Arena, vor Jahresfrist in das Geschäft mit den Fußballrechten eingestiegen – hat sich verhoben. Der andere – Premiere – übernimmt. Arena und Premiere schließen eine weitreichende Kooperation. Fußball läuft wieder bei Premiere – der alte Quasi-Monopolist ist wieder da. Er war nur kurz mal weg, Zigaretten holen.

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Quatsch: Ganz haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es doch eine gute Idee von Harald Schmidt war, sich eine Show mit Oliver Pocher zu teilen. Und doch wird es immer wahrscheinlicher, dass auch Schmidt sich irren kann.