WOCHENÜBERSICHT: KONZERT
: Daniél Kretschmar hört auf den Sound der Stadt

Gerhard Gundermann, der singende Baggerfahrer, kolportierte gerne, wie er einst die Schicht im Tagebau verschlief und sich gegen Mittag zur Arbeit schlich, dabei aber von Kollegen gesehen worden war, die daraufhin riefen: „Mensch Gerhard, du kommst heut aber früh zur Spätschicht!“ Über diesen Scherz hörte ich mal einen PDS-Parteitag lachen, nur Gregor Gysi sorgte für noch mehr Ausgelassenheit. Traurig eigentlich, dass Gundermann, der freundliche Melancholiker und konsequente Kommerzverweigerer, auf solch einer Bühne reüssieren musste. Umso schöner, dass der vor bald 10 Jahren Verstorbene in der Tübinger Randgruppencombo treue Verehrer und Bewahrer seiner Kunst gefunden hat. Gleich zwei Konzerte geben sie an diesem Wochenende.

Ebenfalls Kultstatus hat sich das Kreuzberger Nasenflötenorchester – Der Grindchor erspielt. Ihr, wie soll man sagen, albernes Instrument werden die Damen und Herren schon heute vorführen; am Kottbusser Tor, in Oberkreuzberg, wie es in den Ankündigung lokalpatriotisch tönt.

Auch 2008 beginnt mit einer Vielzahl von Neujahrskonzerten, die von Klassik, klassischer Moderne, klassischem Rock so ziemlich alles zu bieten haben, was es so an Klasse Muzak gibt. Für ein Highlight, das Jimi-Hendrix-Memorial, muss der gemeine Nasenflötist das geliebte Oberkreuzberg nicht verlassen und kann sich im Festsaal von immerhin vier Gitarristen und ebenso vielen Stimmen die Ohren mit dem inzwischen verdammte 40 Jahre alten Sound volldröhnen lassen. Etwas zeitgenössischer geht es ebenfalls am Dienstag beim traditionellen Neujahrskonzert in der Volksbühne zu. Die sehr lange Gästeliste ist ganz exquisit, die Headliner – Yaneq mit seinen rhymes und Warren Suicide mit ihrem Krach – versprechen allein schon einen rockigen Start ins Jahr.

Grindchor: 28. 12., 21 Uhr, Trödler, Dresdner Str. 123; Randgruppencombo: 29./30. 12., 19 Uhr, Postbahnhof, Str. d. Pariser Kommune 8; Hendrix-Memo: 1. 1., 20 Uhr, Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Str. 130; Volksbühne: 1. 1., 20 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz