Senat pfeift auf Bürgerbeteiligung

MITSPRACHE Rot-Schwarz lehnt Gesetzentwürfe der Opposition zu mehr Basisdemokratie ab

Keine niedrigeren Quoren, kein niedrigeres Wahlalter, keine Schwächung des Parlaments zugunsten von mehr Bürgerbeteiligung: Was die drei oppositionellen Fraktionen von Grünen, Linkspartei und Piraten in einem umfangreichen Gesetzespaket fordern, lehnt die rot-schwarze Landesregierung eindeutig ab. „Der Senat kann die Gesetzentwürfe nicht unterstützen“, heißt es in einer Stellungnahme, die der taz vorliegt.

Die drei Oppositionsfraktionen hatten Ende Januar mit ihren Forderungen auf einen Gesetzentwurf des Senats reagiert, der eine Bürgerbefragung über eine inzwischen nicht mehr aktuelle Olympiabewerbung ermöglichen sollte. Dabei forderten sie unter anderem, dass die Unterschriften von 10.000 der 2,5 Millionen Wahlberechtigten ausreichen sollten, um einen Beschluss des Abgeordnetenhauses vier Monate aufzuhalten.

Die vom Senat beabsichtigte rechtlich unverbindliche Befragung wollten Grüne, Linke und Piraten in der Verfassung als „Parlamentsreferendum“ verbindlich machen. Das Abgeordnetenhaus sollte eine solche Abstimmung beschließen können, falls drei Viertel seiner Mitglieder sich dafür aussprechen.

Außerdem sollte bei Volksentscheiden weniger Rückhalt nötig sein. Aktuell müssen mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen. Nach Wunsch der Opposition sollten künftig 15 Prozent ausreichen. Der Senat hingegen argumentiert, die jetzige Praxis habe sich bewährt.

Die Stellungnahme des Senats wirkt auf den ersten Blick wenig vereinbar mit Äußerungen von SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Der hatte mehrfach mehr Bürgerbeteiligung ins Gespräch gebracht, vor allem vor Großprojekten. Für den rechtspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Sven Kohlmeier, ist das kein Widerspruch, weil es unterschiedliche Sichtweisen von Bürgerbeteiligung gebe. Auch hätten SPD und CDU in dieser Hinsicht keineswegs etwas versprochen, was sie nun nicht halten würden. In ihrer Koalitionsvereinbarung von 2011 ist tatsächlich festgeschrieben, man werde bei Bürgerbegehren und Volksbegehren in dieser Wahlperiode keine Änderungen vornehmen.

Brüskierte Opposition

Oppositionspolitiker zeigten sich am Dienstag gegenüber der taz brüskiert von der umfassenden Ablehnung ihrer Vorschläge. „Wir haben erwartet, dass die Koalition wenigstens mit uns über das Thema redet“, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Linkspartei-Rechtsexperte Klaus Lederer erinnert das Vorgehen des Senats, das Volk nur aus eigenem Ermessen heraus befragen zu wollen und kein Parlamentsreferendum zuzulassen, an autoritäre Regime. Ein Vorgehen, wie es beim Thema Olympia geplant war, hat für ihn nichts Basisdemokratisches. Zumal dabei der Senat festlegen könne, worüber abgestimmt werde. „Das hat nichts mit Entscheiden zu tun, das ist nur noch ein Abnicken“, sagte Lederer. STEFAN ALBERTI