: Wenn die Demokratie vorüber rollt
Die Bürgerschaft startet eine Informationskampagne zum neuen Wahlrecht. Mit einen Kampagnenbus sollen die Bürger über das Zwölf-Stimmen-System aufgeklärt werden. Noch fehlt dem Gefährt allerdings der Inhalt
Skeptisch blicken die Busfahrer auf eine feiertagsmüde Gesellschaft, die sich auf ihrem Gelände bewegt, dem Betriebshof des HVV. Die Hamburger Bürgerschaft stellt ihren Infobus zur Wahl im Februarvor.
Dieser Bus soll laut Bürgerschaftspräsident Berndt Röder bis zum Wahltag am 24. Februar alle Stadtteilen besuchen und vor allem Neu-Wähler erreichen. Außerdem will man die Furcht vor dem neuen Wahlrecht nehmen, sagt Marco Wiesner, stellvertretender Sprecher der Bürgerschaft. Das neue Wahlrecht ist mit den sechs beziehungsweise zwölf Stimmen – im Februar werden auch die Bezirksversammlungen gewählt – komplex. Deshalb gibt die Bürgerschaft für eine Wahlmotivationskampagne 900.000 Euro aus, zu der unter anderem der Bus mit einer Muster-Wahlkabine gehören soll.
Auf dem Betriebshof steht das neue, zwölf Meter lange Vehikel. Von außen erregt der Kampagnenbus durch die giftgrüne Grundfarbe mit magentafarbenen Punkten und dem breiten Schriftzug „ HIER SCHNUPPERWÄHLEN“ Aufsehen. Innen ist gähnende Leere – und ein gut gelaunter Röder auf dem Busfahrersitz. „Bis oben hin mit Materialien vollgestopft“, so stellt sich der Präsident den Bus ab Anfang Januar vor. Bis auf einige Kabel, Halogenlampen, und weiße Sperrholzplatten hat der Bus noch nichts, womit der Name Kampagnenbus zu rechtfertigen wäre. Nichts deutet auf die in der Pressemitteilung genannte Wahlkabine hin und für den Flachbildschirm mit Internetanschluss gibt es noch keine Befestigung.
„Mach doch mal das Licht an. Sieht ja aus wie in einer Besenkammer“, sagt ein aufmerksamer Busfahrer zu einem seiner Kollegen.
Den Kampagnenbus aufzufahrenhält Marco Wiesner für nötig, weil in anderen Bundesländern bei der Einführung eines neuen Wahlrechts die Wahlbeteiligung sank. „Gerade alte Menschen sind von der neuen Wahl abgeschreckt. Deswegen wird der Bus auch zu Seniorenwohnheimen fahren“, sagt Wiesner.
Dank einer Kooperation mit Tchibo wird den älteren Damen und Herren auch der Kaffee nicht verwehrt bleiben. Zusätzlich versucht die Bürgerschaft durch den Einsatz von Prominenten, wie Dagmar Berghoff, Wilhelm Wieben und Musical-Star Jerry Marwig Wähler an Schulen, Supermärkten und Großunternehmen für die Wahl am 24. Februar zu interessieren.
Thomas Ewald