Vergiftete Neujahrsgrüße

Gesundheit und Glück? Ja. Erfolg? Nein. Vier Wochen vor der Landtagswahl wünschen Niedersachsens Spitzenpolitiker ihren Gegnern nicht nur das Allerbeste für 2008. Exklusiv für die taz ätzen Wulff, Jüttner & Co. in alle Richtungen

VON KAI SCHÖNEBERG

Die Plakate hängen, in gut vier Wochen wird in Niedersachsen gewählt. Hektik bei den Parteien, zudem müssen ja in diesen Tagen noch schnell Neujahrsgrüße für 2008 verschickt werden. Manche Politiker grübelten lange, andere diktierten der taz sofort druckreife Wünsche für die Kollegen aus dem gegnerischen Lager. Logisch, dass diese nicht nur nett ausfielen.

„Für das nächste Jahr wünsche ich ihm, dass er den vollen Rückhalt seiner Partei bekommt, wenn sie sich erneuert.“

Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) grüßt Wolfgang Jüttner – mit dem versteckten Verweis darauf, dass es dem SPD-Kontrahenten für die Landtagswahl bislang an Rückhalt und seiner Sozialdemokratie an Erneuerung fehlt.

„Alles Gute für Sie, Christian Wulff. Wir wollen alles dafür tun, dass Sie im kommenden Jahr Ihre Elternzeit ausgiebig genießen können.“

SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner über den CDU-Ministerpräsidenten, der vor kurzem bekannt gab, dass er im Sommer erneut Vater wird.

„Ich wünsche Dorothea Steiner im nächsten Jahr eine schönen Urlaub bei den Seepferdchen und Palmen in der Südsee. Dort kann sie darüber nachdenken, warum die Wahl-Kampagne der Grünen so wenig spritzig war.“

Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) über die Landesvorsitzende und Umweltexpertin der grünen Landtagsfraktion. Mit Palmen und Seepferdchen weisen die Grünen auf ihren Wahlplakaten auf den Klimawandel hin.

„Beste Wünsche für Axel Plaue im neuen Jahr! Nach dem Wahldebakel der SPD und dem darauf folgenden Rücktritt Wolfgang Jüttners könnte er neuer SPD-Fraktionschef im Landtag werden. Wir von der CDU würden das begrüßen! Plaue hatte diesen Posten schon vor 2003 inne – das war ziemlich unterirdisch.“

CDU-Fraktionschef David McAllister über den SPD-Abgeordneten aus Hannover, der seit der verlorenen Wahl 2003 nur noch Hinterbänkler im Landesparlament ist.

„Frohes 2008 für Gesine Meißner. Sie hat es als einzige Frau unter die ersten zehn auf der Landesliste der FDP in Niedersachsen geschafft. Ich wünsche ihr fünf erholsame Jahre außerhalb des Landtages, die sie nutzen sollte, um ihrer Männerpartei geduldig zu erklären, dass Frauen nicht ein Zehntel, sondern die Hälfte der Macht zusteht.“

Die Spitzenkandidatin und frauenpolitische Fraktionssprecherin der Grünen, Ursula Helmhold, über die Sozialexpertin der FDP-Fraktion.

„Ich wünsche Wolfgang Denia ein glückliches Jahr 2008. Ich freue mich für ihn, dass er ab dem 28. Januar, nach den Strapazen des Wahlkampfes, endlich wieder in seinen wohlverdienten Frühruhestand zurückkehren darf. Vielleicht kommt ihn dann ja auch mal der andere Wolfgang besuchen. Dann können sich beide in Ruhe darüber unterhalten, warum Niedersachsens politische Tradition doch nicht so sozialdemokratisch ist.“

FDP-Fraktions- und Landesparteichef Philipp Rösler über SPD-Schattensozialminister Wolfgang Denia, der bis April 2007 Ver.di-Landesvorsitzender war. Und über SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner.

„Ich wünsche Walter Hirche, dass er sich im Zuge der Humanisierung der Arbeit nicht mehr länger quälen muss, sondern nach dem 27. Januar in den Ruhestand treten kann. Die Große Koalition hat die Rente mit 67 beschlossen. Höchste Zeit für Hirche: Am 14. Februar wird er 67.“

Schatten-Sozialminister Wolfgang Denia (SPD) über den FDP-Wirtschaftsminister.

„Mehr Zeit für die Familie!“

Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel über seinen Amtskollegen von der CDU, David McAllister.

„Ich wünsche Heiner Bartling viele schöne Jahre in der Opposition, vielleicht sogar als Fraktionschef. Für ihn etwas weniger Verbissenheit und einen großen Keller, in dem er sein Lachen nach der Wahlschlappe wiederfinden kann. Vielleicht sollte er sich im Keller einen Fernseher aufstellen. Mein Programmtipp: ‚Gute Zeiten, Schlechte Zeiten‘.“

Bernd Althusmann, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion über den Schatten-Innenminister der SPD.

„Ich wünsche Herrn Stratmann, dass die Menschen in Niedersachsen ihm als dreifachem Familienvater die Studiengebühren ersparen, indem sie am 27. Januar die richtige Wahl treffen.“

Schatten-Wissenschaftsministerin Gabriele Andretta (SPD) über den CDU-Hochschulminister. Die SPD will die von Stratmann eingeführten Studiengebühren im Fall eines Wahlsieges abschaffen.