Editorial

DROGEN Die sonntaz zum Jahreswechsel – eine volle Nummer zum Thema Drogen und (fast) allem, was süchtig, zugedröhnt und zugeknallt macht

In sehr vergangenen Zeiten, Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, erlitt die Republik einen Schock: Es gab Drogen, für die sich gerade Jugendliche schwer empfänglich zeigten – Stoffe, die benebeln und entgrenzen. Es ging nicht um Alkohol und Zigaretten, nicht um das, was in Serien wie der „Kommissar“ oder im frühen „Tatort“ ganz normal war, Männer, die während der Ermittlungen wie Schwerstsüchtige Cognac zu sich nahmen. Alles vorbei: Heutige TV-HeldInnen, etwa Maria Furtwängler, Ulrike Folkerts oder Miroslav Nemec, wirken gegen die historischen Vorbilder wie Gesundheitsapostel. Diese sonntaz zum Jahreswechsel kommt dem Thema Drogen auf das Alltäglichste näher: Wie verboten sind Drogen eigentlich? Wie sehr müssen Eltern auf ihre Kinder aufpassen – welche Erfahrungen dürfen diese machen, welche nicht? Woran liegt es, dass psychoaktive Substanzen so schroff strafrechtlich verfolgt werden? Was überhaupt ist so schlimm daran, wenigstens eine kurze Zeit lang zugedröhnt zu sein? Worin liegt es, dass eine viel zu früh verstorbene Künstlerin wie Amy Winehouse ästhetisch „erkannt“ wurde, nicht jedoch in ihrer öffentlich gezeigten Einsamkeit? Und, politisch zugespitzt: Welche Gründe kann es haben, dass gerade der größte Drogenmarkt der Welt, Nordamerika, durch seine Drogenverbotspolitik und Strategien der Illegalisierung die gerade wachsenden Ökonomien Lateinamerikas untergräbt? Die Illustrationen von Christian Barthold zeigen außerdem: Es ist nicht alles realistisch, was man drogenfrei zu erkennen glaubt. Viel Vergnügen bei der Lektüre – und ein klares neues Jahr! JAN FEDDERSEN, JANA PETERSEN, MARTIN REICHERT, ERIK IRMER (BILD) UND TIM SEIDEL (LAYOUT)