: Krach in Seestadt-SPD
■ Werner Lenz will mit „feigen Rufmördern“ in der eigenen Partei aufräumen / Internes Diskussionspapier von Lenz-Kritikern verleumdet angeblich SPD
Werner Lenz, Bremer Ex-Wirtschaftssenator und seit seiner Rückkehr nach Bremerhaven wieder starker alter Mann in der Seestadt-SPD, will endgültig mit seinen parteiniternen Kritikern aufräumen. Während die wenigen Lenz-Kritiker, die Lenz‘ Rückkehr an Bremerhavens Macht in Parteiamt und -würden überstanden, sich unter der Mittelmeer-Sonne erholen, trommelte Lenz am letzten Mittwoch seine Getreuen aus Parteivorstand und Ortsvereinen zusammen, um folgenden Beschluß absegenen zu lassen: „Die Bremerhavener SPD wird sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen denunzierende Rufmörder zur Wehr setzen.“
Zwar nennt der von Lenz unterzeichnete Beschluß nicht, welche „rufmörderischen“ Genossen jetzt mit einem Parteiordnungs
Verfahren rechnen müssen, in SPD-Kreisen ist allerdings offenes Geheimnis, wem Lenz am liebsten „unsolidarisches Verhalten“ gegenüber der Partei anlasten würde: Dem Bremerhavener SPD-Fraktionsvorsitzenden, Christian Bruns.
Bruns gehört zu jener Bremerhavener Genossen-Generation, die das Senats-Intermezzo des absolutistischen Sozialdemokraten Lenz zu eigener Partei-Karriere nutzten und sich nach Lenz Heimkehr nicht widerspruchslos dessen neuen Regiment unterwarfen.
Anlaß für den neuen Rundschlag gegen die „Finken“, wie sich die Newcomer der Partei nennen, ist ein Papier, das die von Lenz‘ arg gebeutelten „Finken“ im Mai auf einem Wochenendseminar diskutierten und das jetzt der Presse zugespielt wurde. Darin wird Lenz vorgeworfen,
die Rückkehr zur Macht nur mit „Personalkungeleien“ zugunsten treuer Gefolgsleute erreicht und dabei ein „spannungsgeladenes Verhälnis“ zu den Gewerkschaften in Kauf genommen zu haben. Lenz, so das Resumee des Diskussions -Papiers: Mit Werner Lenz an der Spitze drohe die Bremerhavener SPD „auf die 35-Prozent-Marke zuzusteuern“.
Abgesehen von der Generalabrechnung mit dem Parteivorsitzenden bleibt das 14-Seiten-Papier zwar eher dürftig (höchst nebulös ist die Rede von „Die Stadt muß für alle Menschen lebenswert bleiben“ und der „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ von „Menschen, die zur Zeit keine Arbeit haben“), Werner Lenz nutzte es dennoch postwendend zu einem gezielten Rundschlag: „Schreibfleißige Schaumschläger“ nennt der die
„feigen“ Autoren, die historische Abläufe bis zur Unkenntlichkeit deforieren“ und auch ansonsten „baren Unsinn“ behaupteten. Die Partei fordert Lenz auf, den „Fehdehandschuh der Finken“ aufzunehmen und dem „närrischen, zum Teil aus nicht erfüllten Karrierewünschen und neurotischer Politiksucht erwachsenen Treiben ein Ende zu machen.“
Am 10. August soll die Bremerhavener SPD über das von Lenz inzwischen verschickte Papier diskutieren und über Konsequenzen für seine Autoren nachdenken - vorausgesetzt die Besitzer der drei Schreibmaschinen, auf denen es geschrieben wurde, geben sich bis dahin zu erkennen. Fraktions-Vorsitzender und Finke Christian Bruns hat sich seine Meinung bereits gebildet: Er findet die Finken -Angriffe auf Lenz „überflüssig.“
K.S.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen