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Karabach-Komitee fordert Streikende

■ Parteimitglieder wegen Unterstützung des Streiks ausgeschlossen / KP Armeniens kritisiert „Nachsicht der Truppen gegenüber Unruhestiftern“ / Heute entscheidet Oberster Sowjet in Moskau über Angliederung Berg-Karabachs an Armenien

Moskau (afp/dpa) - Das Karabach-Komitee, das in der Hauptstadt der Sowjetrepublik Armenien die Streiks der Bevölkerung organisiert hat, hat am Samstag abend auf einer Versammlung in der Hauptstadt Eriwan dazu aufgerufen, die Arbeit heute wiederaufzunehmen. Aus der etwa 300.000 Menschen großen Menge wurde in Zurufen die Fortsetzung des Ausstandes gefordert. Heute wird der Oberste Sowjet in Moskau zusammentreten, um über die vom Gebiets-Sowjet der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region Berg-Karabach geforderte Ausgliederung aus Aserbeidjan zu beraten.

Mehrere Mitglieder sind aus der Kommunistischen Partei Armeniens ausgeschlossen worden, weil sie den seit Monaten andauernden Streik in Eriwan unterstützt hatten. Das teilte am Samstag das sowjetische Fernsehen mit. Die „armenische Führung“ habe Maßnahmen ergriffen, um die Ordnung in der Republik wiederherzustellen. Das ZK der KP Armeniens habe auf einer Sitzung am Freitag die örtlichen Verantwortlichen „entschieden“ wegen ihrer „unveranwortlichen abwartenden Haltung“ verurteilt und die dem Innenministerium unterstellten Truppen sowie die Staatsanwaltschaft Armeniens wegen ihrer „Nachsicht gegenüber den Unruhestiftern“ kritisiert, hieß es in dem Bericht.

Die Armenier hätten wenig Hoffnung, daß der Oberste Sowjet ihrer Forderung stattgeben werde, erklärte Wasgen Manukian, Mitglied des „Karabach-Komitees“, gegenüber afp am Samstag. In diesem Licht sei auch die Berichterstattung des sowjetischen Fernsehens zu sehen. Die häufigen Interviews mit Arbeitern aus anderen Republiken, die über die Streiks in Armenien klagen, würden bewußt von Moskau gesteuert, um mögliche Repressionen auf die armenische Bevölkerung mit der „Meinung der Massen“ zu rechtfertigen. Es sei sehr schwer, vorherzusagen, was nach einer Ablehnung der armenischen Forderungen durch den Obersten Sowjet in Eriwan passieren werde. Nach Angaben von Bewohnern sind in Eriwan die Truppen verstärkt worden, zahlreiche Militärflugzeuge seien gelandet. Am Vortag waren bereits Militärhubschrauber aufgetaucht, die die Stadt einzeln oder in Geschwadern überflogen. Truppenverstärkungen wurden in dieser Woche auch in Berg-Karabach beobachtet.

Die sowjetischen Zeitungen veröffentlichten am Sonntag einen redaktionellen Artikel des Eriwaner Parteiblattes 'Kommunist‘, in dem unter anderem die Präsenz der Soldaten in Eriwan verteidigt wird.

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