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Winter macht Obdachlose zu Hausbesetzern

■ Aus Angst vor dem kommenden Winter besetzen 25 junge Obdachlose ein wegen Sanierung leerstehendes Kreuzberger Haus Die Hausverwaltung drohte mit der Räumung / Das Bezirksamt hat lediglich Notlösungen anzubieten / Orlowsky appelliert an Vermieter

Mit akuter Obdachlosigkeit unter jüngeren Leuten, besonders seit dem ersten Winterfrost, ist jetzt das Bezirksamt Kreuzberg konfrontiert. Etwa 25 Obdachlose sind vor fünf Monaten in die leerstehende Sorauer Straße 27 gezogen. Die ursprünglichen Bewohner des Hauses, das der DeGeWo gehört, leben derzeit wegen einer anstehenden Sanierung in Umsetzwohnungen und wollen später wieder zurückziehen.

Bei den Obdachlosen handelte es sich nach Auskunft von Rainer Sauter vom Verein SO 36nicht um eine „politisch motivierte“, sondern um eine „schleichende Besetzung“. Die so Baustadtrat Orlowsky - „jungen, bereits vom Elend und vom Alkohol gezeichneten“ Leute wollten im kommenden Winter nicht erfrieren. Da die Hausverwaltung jedoch in Kürze mit den Bauarbeiten beginnen will, drohte sie vor zwei Wochen mit der Räumung. Daraufhin wandten sich die Obdachlosen an den Stadtteilausschuß, vor allem an den darin präsentierten Verein SO36, der sowohl mit der Sozialberatung der Sorauer 27 beauftragt ist als sich jetzt auch der Obdachlosen angenommen hat.

Inzwischen ist es auch zu einem Gespräch zwischen den Obdachlosen, dem Bau- und Sozialstadtrat sowie dem Bezirksbürgermeister Krüger gekommen. Wegen der wachsenden Obdachlosigkeit ist der Bezirk schon seit langem nicht mehr in der Lage, Unterkunft in speziellen Einrichtungen für Obdachlose zu vermitteln. Daher übernimmt er die Kosten der sehr viel teureren Pensionen. In dieser Situation hatte der Bezirk für die Gruppen nur eine unbefriedigende Lösung anzubieten. Bloß den fünf Obdachlosen dieser Gruppe, die in Kreuzberg gemeldet sind, konnte das Bezirksamt einen Platz in einer Pension zuweisen. Alle anderen sollten sich an die Obdachlosenhilfe jener Bezirke wenden, in denen sie gemeldet sind. Abgesehen von fünf konnten inzwischen tatsächlich alle irgendwo irgendeine Unterkunft finden. Die letzten fünf sind gestern durch Privatinitiative des Baustadtrates in einer Wohnung untergekommen.

Orlowsky erwägt jetzt, an die Vermieter von leerstehenden Läden zu appellieren, diesen Raum während des Winters Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Auf die Frage, wie der Bezirk auf die allgemein wachsende Obdachlosigkeit reagieren wird, sagte Bezirksbürgermeister Krüger: „Es kann nicht sein, daß Kreuzberg zum Sammelpunkt von Obdachlosen wird.“ Entsprechend plane er ein Gespräch mit den Bürgermeistern der anderen Bezirke, daß dort stärkere Vorkehrungen getroffen werden.

E.K.

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