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Kabelbrände & leere Zimmer

■ Die Bremische Gesellschaft will ihre billigen Wohnungen nicht mehr renovieren sondern verkaufen / Billiger Wohnraum steht leer / Mieterproteste

Die Stubbener Straße im Bremer Westen in eine gemütliche Adresse. Sie stößt an den Oslebshauser Park, und die dröhnenden Verkehrswege, die den schmalen Stadtteil durchpflügen, sind hier kaum zu hören. Zwei-Zimmer-Wohnungen gibt es in den niedrigen Häusern, Grundmiete nur 150 Mark. Gleichwohl sind die Mieter auf der Palme: Schon seit Jahren werden die Häuser nicht mehr renoviert. Der Grund: Die

Bremische Gesellschaft, der sie gehören, will sie als Eigenheime verkaufen.

Auf einer Mieterversammlung am vergangenen Mittwoch machte sich der Unmut Luft. Wenn die Bewohner fordern, daß die Treppenhäuser gestrichen werden, bietet die Gesellschaft ihnen lediglich ein paar Eimer Farbe an. Streichen sollen sie selbst. Sogar das defekte Abflußrohr der Toilette sollte ein Mieter

selbst einbauen. Was aber ist mit Reparaturen, die zweifelsfrei einen Fachmann erfordern? Daß die elektrischen Anlagen erneuert werden müssen, räumte auch der Sachbearbeiter der Gesellschaft ein. In den letzten Monaten gab es bereits zweimal Kabelbrände in Wohnungen, also Lebensgefahr für die Mieter.

An diesen Zuständen wird sich auch in Zukunft nichts ändern, machte der Sprecher der Gesell

schaft den erbosten Mietern klar. Nur die Fassaden und die Balkone sollen instand gesetzt werden. Denn im Laufe der nächsten 15 Jahre will die Gesellschaft die Häuser verkaufen. Jeweils ein Haus mit drei Wohungen an einen Käufer. Die Mietverträge für Bewohner, die nicht ausziehen wollen, gehen an die neuen Besitzer über. Die alten Mieter können wohnen bleiben, wollte die Gesellschaft die Mieter in Sicherheit wiegen. Eine Juristin von der Mieterberatung widersprach: Der neue Besitzer könne Eigenbedarf geltend machen und die Mieter vor die Tür klagen.

So oder so: Das Angebot an billigen Wohnungen wird von der Bremischen Gesellschaft planmäßig verringert. Denn wo jetzt noch drei kleine Partien unter einem Dach wohnen, wird es in Zukunft nur noch eine Familie sein. Mit einem handwerklich gewieften Vater, so stellt es sich die Gesellschaft vor. Der soll sich das Haus in Eigenarbeit selbst herrichten. Die Gesellschaft könne sich die Renovierung mit Handwerksfirmen nämlich nicht leisten, hieß es.

Aber die Geschäfte kommen nicht in Schwung. Nicht eine einzige Wohnung wurde bisher verkauft. Die MieterInnen befürchten, daß ihre Straße eine Geisterstraße wird. Denn 10 Wohnungen stehen leer. Sie werden für den Verkauf vorgehalten.

mw

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