: Slowakischer Altstalinist abgehalftert
Vasil Bilak, bis gestern ZK-Sekretär und Mitglied im Politbüro, hat alle Funktionen in der KP der CSSR aufgegeben / 1968 rief er die Rote Armee um Hilfe / Grundsätzlicher Kurswechsel der KPTsch nicht in Sicht ■ Von Florian Bohnsack
Berlin (taz) - Nun mußte er doch zurücktreten, der Alt -Orthodoxe und zweite Mann in der Kommunistischen Partei der CSSR, Vasil Bilak. Der Mann, der 1968 die Sowjetunion zum Einmarsch in die CSSR rief, ist am Donnerstag von allen seinen Funktionen in der Parteiführung der KPTsch zurückgetreten. Die offizielle Begründung für diesen Schritt ist das „fortgeschrittene Alter“ des 71jährigen.
Parteichef Milos Jakes stellte in seiner Erklärung vor dem Präsidium des Zentralkomitees am Donnerstag die „Verdienste“ des Zurückgetretenen heraus. Bilak habe, so der Parteichef, „Treue zur Partei und zu den Ideen des Marxismus-Leninismus gezeigt, wie die Freundschaft zur Sowjetunion in den schwierigen Jahren der Krise“.
Daß der so Gepriesene sich heutzutage etwas schwer tut, die „Freundschaft mit der Sowjetunion“ aufrechtzuerhalten, ist wohl einer der wichtigsten Gründe für den Rücktritt. Schon seit Monaten wurde in Prag über die Herabstufung des „starken Mannes“ gemunkelt: Nachdem eine im Frühjahr begonnene Serie mit Auszügen aus den Memoiren Bilaks in der slowakischen Parteizeitung 'Prawda‘ im August gestoppt worden war, war ein Zeichen gesetzt. Doch konnte sich Bilak auf dem ZK-Plenum am 12.Oktober noch an der Macht halten, wenngleich er damals schon, ähnlich wie sein sowjetisches Pendant Ligatschow, den angestammten Platz als Chefideologe der Partei räumen mußte.
Wenn auch der Rücktritt Bilaks noch keinen grundsätzlichen Kurswechsel der Partei signalisiert, symbolische Bedeutung hat er doch. Denn mit ihm verschwindet einer jener Führungspersönlichkeiten der KPTsch von der Bildfläche, die für die „Stagnation“ der tschechoslowakischen Gesellschaft seit 1968 die Verantwortung tragen. Bilak verbindet wie kein anderer die „Festigkeit des orthodoxen kommunistischen Ideals“ mit der Geschmeidigkeit des Apparatschicks.
Bilak, eigentlich ukrainischer Herkunft und aus der Ostslowakei stammend, hatte sich schon während seiner Schneiderlehre Anfang der vierziger Jahre und während der Zeit der deutschen Besatzung der kommunistischen Gewerkschaft angeschlossen. Im Widerstandskampf stieß er 1944 auf Alexander Dubcek, den er später schmählich „verraten“ (Dubcek über Bilak) sollte. Denn ohne den berühmten Reformer wäre Bilak wohl kaum so weit in der Hierarchie der KPTsch geklettert.
Als in den fünfzigerJahren in Bratislawa die Stalinisten aus den Ämtern gejagt wurden und der steile Aufstieg Dubceks begann, holte dieser auch den alten Kampfgefährten Vasil Bilak in das slowakische ZK-Sekretariat. Nachdem Dubcek 1968 Parteichef in Prag geworden war, erbte Bilak das Amt des slowakischen Parteiführers, mußte jedoch wegen Differenzen Monate später das Amt wieder abgeben. Mit dem Einmarsch der sowjetischen Truppen jedoch konnte sich Bilak als linientreuer Funktionär profilieren. Er hat nach den Säuberungen, denen über eine halbe Million Parteimitglieder zum Opfer fielen, sein Bestes getan, der KPTsch ihren verhängnisvollen Kurs in die Sackgasse zu verordnen. Jakes unbeweglich
Prag (dpa) - Erst sechs Wochen nach der Italien-Reise von Alexander Dubcek lehnte 'Rude Pravo‘ kategorisch jeden Gedanken an eine politische Rehabilitierung von Dubcek ab. Dubcek sei ein „politischer Bankrotteur, der in der Politik keine bedeutende Rolle mehr spielen wird“, zitiert das Blatt den Generalsekretär der KP, Milos Jakes. Dubcek habe sich „das Recht angemaßt, als Sprecher der 486.000 ehemaligen Parteimitglieder und aller jener, die die Erneuerung des Sozialismus wünschen“, aufzutreten.
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