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Nur noch ein Deutschland

■ AL-Mitgliedervollversammlung diskutierte Deutschlandpolitik, Koalitionsbilanz - und natürlich den KiTa-Streik, dessen Forderungen zum „Essential“ für die Koalition werden

Fortsetzung von Rot-Grün und Abschied von der Zweistaatlichkeit: diese beiden Ergebnisse lassen sich nach der AL-Mitgliedervollversammlung am Samstag in der TU festhalten. Daß die knapp einjährige Koalition ernsthaft aufgekündigt werden könnte, hatte niemand erwartet, es lag auch kein entsprechender Antrag vor. Vielmehr hatten sowohl die Fraktion als auch der Geschäftsführende Ausschuß Empfehlungen vorgelegt, die Koalition weiterzuführen. Nach einer eher farblosen Debatte um den aktuellen Stand der Regierungsbeteiligung wurde von der überwiegenden Mehrheit der etwa 600 Anwesenden die Fortsetzung der Koalition beschlossen.

Alle Redner, ob Sibylle Volkholz für den Senat, Heidi Bischoff-Pflanz für die Fraktion, Willi Brüggen für den GA und Delegierte der einzelnen Bereiche waren sich einig: die Bilanz des „Jahrhundertprojekts“ fällt ernüchternd aus und besteht aus einer Kette von Niederlagen. Mehrfach wurde beklagt, daß es nicht gelungen sei, die rechnerische Mehrheit in eine gesellschaftliche umzuwandeln. Selbstbewußter müsse die AL auftreten, ihre Positionen entschiedener vertreten. Aber auch hier herrschte letztlich Einigkeit: Es gebe keine Alternative zu dieser Koalition, schon gar nicht nach dem Fall der Mauer. Trotz der immer deutlicher zu Tage tretenden Entfernung der Mandats- und FunktionsträgerInnen von der Basis wurde schließlich fast einstimmig abgestimmt. Die AL will die Koalition fortsetzen „unter der Bedingung, daß der Rahmen für ein reformpolitisches Programm in den veränderten Verhältnissen geschaffen“ werde.

Ebenfalls mit großer Mehrheit gebilligt wurde eine Resolution zum KiTa-Streik, in der der Senat aufgefordert wird, binnen vierzehn Tagen Tarifverhandlungen aufzunehmen. Der Abschluß eines Tarifvertrages sei ein Essential für den Fortbestand der Koalition. Die Fraktion der AL soll in der nächsten Plenarsitzung am Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen entsprechenden Antrag einbringen.

Mit nur einer hauchdünnen Mehrheit dagegen wurde die Wende in der Deutschlandpolitik eingeleitet. Vier Anträge lagen dem Plenum vor. Drei davon plädierten für eine rasche Abkehr von der Zweistaatlichkeit, die von der aktuellen Entwicklung überholt sei. Lediglich ein Antrag des linken Flügels räumte zwar ein, daß man mit der Einheit rechnen müsse, hielt aber weiter am Prinzip der Zweistaatlichkeit fest. Nach einer hitzigen Debatte wurde mit 110 zu 80 Stimmen ein Antrag angenommen, der Abschied von der Zweistaatlichkeit nimmt. Der Zeitpunkt sei erreicht, an dem ein Festhalten an der Zweistaatlichkeit zu politischer Handlungsunfähigkeit führe, heißt es dort. Man einigte sich schließlich mit den Parteilinken darauf, aufbauend auf dieser Position, konkrete Schritte zu entwickeln, um in die derzeitige Entwicklung aktiv einzugreifen. Im Gegensatz zu den etablierten Parteien will die AL die Bildung einer paritätisch besetzten verfassungsgebenden Versammlung fordern.

kd

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