: Ausgang des Oscar-Rennens ist offen
■ Am 26. März treten im Music Center in Los Angeles die Empfänger der vergoldeten Statuetten vor den Vorhang / Für 23 Kategorien sind Preise zu vergeben / Filmfest wird auf jeden Fall grandiose Hollywood-Werbung
New York (dpa) - Wenn es nach der Statistik geht, dann steht zumindest der Gewinner des Oscars für die beste Regieleistung schon fest: Vietnam-Veteran Oliver Stone erhielt Anfang März für seinen zweiten Vietnam-Film, „Born on the Fourth of July“, den Preis des Verbandes der amerikanischen Filmregisseure, und diese Auszeichnung ging in der Vergangenheit - so etwa 1986, als Stone Platoon im Rennen hatte - fast immer Hand in Hand mit einem Oscar, dem begehrten Preis der Amerikanischen Filmakademie.
Davon abgesehen ist jedoch alles offen, die Spannung dürfte anhalten, bis am 26. März im Music Center in Los Angeles der Vorhang aufgeht für die Verleihung der begehrten vergoldeten Statuetten, die wie keine andere Auszeichnung geeignet sind, den Ruhm der geehrten Filmschaffenden zu mehren und - vor allem - die Kasseneinnahmen der bedachten Filme zu steigern.
So offen allerdings ist das Rennen nun auch wieder nicht, schon aus den Nominierungen läßt sich absehen, daß Stones bewegendes Drama um einen verkrüppelten Vietnam -Veteranen und Bruce Beresfords „Driving Miss Daisy“, die anrührende, wenn auch profund langweilige Geschichte der Freundschaft zwischen einer reichen jüdischen Witwe und ihrem schwarzen Chauffeur, als die großen Sieger der 62. Oscar-Verleihung hervorgehen werden. „Miss Daisy“ kam auf neun Nennungen, „Fourth of July“ auf acht, und die Akademiemitglieder sind immer geneigt, auch bei der Vergabe der Oscars ihre Ehren auf ein oder zwei Filme zu häufen.
Glaubt man den Auguren, dann dürfte „Miss Daisy“ wohl das Rennen als bester Film machen, denn die versöhnliche, von der sozialen Realität kaum getrübte Komödie über die Überwindung rassistischer Vorurteile wird den 4.700 Akademiemitgliedern vermutlich leichter eingehen als die authentische und oft schockierende Geschichte von der Entwicklung des patriotischen Veteranen zum Kämpfer gegen den Krieg. Schließlich haben die Akademiemitglieder, wie die „New York Times“ kürzlich schrieb, „stets ein weiches Herz für das echt Zweitrangige“.
Wer auch immer gewinnt, und Sieger gibt es bei 23 Kategorien eine ganze Menge, fest steht schon jetzt, daß das Filmfest auch diesmal eine grandiose Werbung für Hollywood sein wird, und daß es wohl noch spektakulärer abläuft als in den Vorjahren. Erstmals nämlich wollen die Organisatoren, die eine Zuschauerschaft von einer Milliarde Menschen in aller Welt erwarten, Gebrauch von den technischen Möglichkeiten der Satellitenübertragung machen und einen Teil der Feier in verschiedene Länder verlegen.
So wird Charlton Heston die Gewinner in zwei Dokumentarkategorien zusammen mit seiner argentinischen Kollegin Norma Aleandro in Buenos Aires bekanntgeben. Jack Lemmon und die Darstellerin Natalja Negoda werden vom Moskauer Rossija-Theater aus mitteilen, welcher fremdsprachige Film den Oscar erhält. Gute Aussichten in dieser Kategorie hat übrigens der italienische Beitrag „Cinema Paradiso“, gefolgt von dem franko-kanadischen Streifen „Jesus von Montreal“.
Die Gewinner jedoch werden im Music Center defilieren, und wie immer wird die Oscar-Verleihung der Welt wohl größter Jahrmarkt der Eitelkeiten sein, bei der die illustren Gäste fast ebenso wichtig sind wie die Sieger und Verlierer im Oscar-Rennen. Jetzt schon sind die Klatschspalten der Zeitungen voll mit Meldungen und Vermutungen über so wichtige Fragen wie Garderobe - lange Kleider sind „in“ Giorgio Armani wird Michelle Pfeiffer und Jessica Lange ausstaffieren - oder wer mit wem kommt.
Der Aufmarsch der Stars, die entweder Preise überreichen oder nur Staffage bilden, wird nach den Vorberichten auch diesmal beeindruckend sein, und wie stets gibt es eine ausgewogene Mischung geben von Oldtimern - Gregory Peck, Walter Matthau - mittleren Jahrgängen, Jane Fonda, Robert DeNiro, und jungen Stars, damit sich nach Möglichkeit die Fernsehzuschauer aller Jahrgänge angesprochen fühlen.
Gerd-Eckard Zehm
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