: Rotstift statt Rote Armee
Rheinberg (dpa) - Die deutsche Flagge auf dem Schreibtisch der Pressesprecherin der US-Armee in Rheinberg bei Moers weht auf Halbmast. Ganz demonstrativ hat die 28jährige Marie -Andree Brenner das schwarz-rot-goldene Fähnchen in nur halber Pracht aufgestellt, als sie von der kommenden Auflösung des Hauptquartiers der US-Armee in Nordrhein -Westfalen erfahren hatte. Mit ihr werden rund 350 deutsche Zivilangestellte ihre Jobs verlieren. Der zweitgrößte Arbeitgeber am Ort ist dem Abrüstungs-Rotstift zum Opfer gefallen. Das Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg hat mit einem Plan für den Abzug amerikanischer Truppen aus Europa begonnen.
Seitdem die NATO angesichts der schnellen Entspannung mit dem Rotstift statt mit der Roten Armee zu kämpfen hat, müssen nicht nur immer mehr GI's ihre Koffer packen, sondern sind auch die Arbeitsplätze von vielen tausend Bundesbürgen bedroht.
Allein bei den US-Truppen mit ihren rund 250.000 Soldaten in der Bundesrepublik haben rund 60.000 Deutsche einen Job. In Nordrhein-Westfalen sind bei der britischen Rheinarmee und den anderen Allierten nach Angaben der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) etwa 20.000 deutsche Zivilisten beschäftigt. Die Fälle Rheinberg und Zweibrücken in der Pfalz - dort soll der US -Luftwaffenstützpunkt bis 1993 dicht gemacht werden - sind aus Sicht der ÖTV wohl nur die Spitze eines Eisberges. Da die US-Arbeitgeber in diesen Fällen aber keinen echten Sozialplan kennen, wollen die Gewerkschaften gerade in der Startphase der Abrüstung auf eine Abfederung der Härten dringen.
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