: Das Ende einer „Maßnahme“
■ Behördenwillkür gegen Bürgerinteresse / Ratsbeschluß verhindert / Renommierobjekt „Expovita“ am Runden Tisch-Treptow gescheitert / Treptower Park als „Trampel-Park“
Der Name „Expovita“ steht für die alljährliche Freizeit- und Campingausstellung, die um Ostern in Grünau durchgeführt wird und BesucherInnen aus der ganzen DDR anzieht. Daß sie 1990 nicht stattfindet, ist das Fazit einer Ortsbesichtigung am 21. 3. im Treptower Park, zu der das Neue Forum-Treptow eingeladen hatte. Grünau, das Ausstellungsgelände der vergangenen Jahre, steht wegen notwendiger Rekonstruktion nicht zur Verfügung. So kamen die Behörden, Magistrat, Rat des Stadtbezirkes, Direktorat der HO-Industriewaren nach „eingehender Prüfung“ anderer Standorte (Dynamo-Sporthalle, Flugplatz Johannisthal) überein, den Treptower Park mit Exponaten, Bockwurstbuden und einem zu erwartenden Verkehrschaos zu veredeln. Den Leuten müsse man „was bieten“: An einen „Osterspaziergang“ mit „Volksfestcharakter“ dachte HO-Haupdirektor Meyer. Schließlich sei die „Maßnahme“ eine Ausstellung mit Tradition. Zu dieser „Maßnahme“ kommt es nun nicht - das Veto des Treptower Runden Tisches verhinderte die Durchsetzung eines entsprechenden Ratsbeschlusses vom 8. 2. (!)
Es bleibt die Frage, warum Für und Wider nicht gemeinsam mit den Vertretern der BürgerInnen in Erwägung gezogen wurden. Offensichtlich sollte die Expovita als ein Renommierobjekt des Treptower Rates hoffähig gemacht werden; die offene Grenze sorgt für mehrfachen Besucheransturm. Wie sonst ist zu erklären, daß die fachlichen Argumente Forstmeister Haases - Schäden und Kosten der Rekultivierung seien noch gar nicht abzusehen - zynisch zurückgewiesen und die verkehrstechnischen Einwände Bodo Martins, des amtierenden Leiters der VPI-Treptow, als Chamäleon-Taktik abgelehnt wurden. Heutzutage könne man ja nicht an der Entscheidung der Runden Tische vorbei, schmollte der Stadtrat für Handel und Versorgung, Peter Schkölziger - ein Argument, das eher für die Existenz der Runden Tische spricht.
Nachdenklich macht die Behauptung der beiden Amt-Männer Meyer und Schkölziger: „kommerzielle Interessen“ stehen bei der „Expovita“ nicht im Vordergrund und der Handel hätte keinen Gewinn von der Ausstellung.
Wenn eine Verkaufsausstellung nicht vom kommerziellen Interesse bestimmt ist, wovon dann? Warum wird sie dann überhaupt durchgeführt? Als Muster-Ausstellung wäre sie auch in erweiterter Form auf der Leipziger Frühjahrsmesse denkbar.
Allzu leichtfertig wurde eine Behörden-Entscheidung getroffen, die alle Symptome kommunalpolitischer Willkür in sich trägt: gegen den Willen der BürgerInnen, wider besseren ökologischen Wissens und ohne kommerzielle Rentabilität.
Immerhin, die besseren Argumente setzten sich durch. Der Runde Tisch nahm von seinem demokratischen Mitspracherecht Gebrauch und verhinderte, daß der Treptower Park zu einem Trampel-Park wird. Ob dieses demokratische Mitspracherecht, das die BürgerInnen-Initiativen erkämpften zu einem rudimentären Recht auf freie Meinungsäußerung verkommt, hängt nicht nur von einer Regierenden Partei und ihrer Lakaien ab, sondern von unserer Fähigkeit und unserem Mut, gegebene autoritäre Entscheidungsinstanzen nicht als gegeben hinzunehmen.
Jörg-D. Gemkow
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