: Castro in Untergangsstimmung
■ Kuba fühlt sich von allen guten Geistern verlassen / Gegenwärtige Entwicklung die schwierigste des Jahrhunderts / Freier Informationsaustausch mit den USA angeregt
Berlin (taz) - Kubas Staats- und Parteichef Fidel Castro sieht sich nach dem Wahlsieg der nicaraguanischen Opposition und der Bewilligung der US-Hilfsgelder für Panama und Nicaragua zunehmend isoliert. Als einziger Staat Lateinamerikas, so Castros Selbstdarstellung, hält er noch dem US-Imperialismus stand. Da nun auch Osteuropa das sozialistische Lager verlassen hat und die UdSSR, die Kuba bisher in Milliardenhöhe finanzierten, immer mehr auf Kursänderungen drängen, ist auch von dort keine Hilfe mehr zu erwarten. Solche und ähnliche Töne sind bei den jüngsten Reden Castros immer wieder angeklungen. Und sogar gegenüber dem Erzfeind USA übt er jetzt Vorsicht.
Nachdem die versuchte Ausstrahlung eine Fernsehprogramms „TV Marti“ aus Miami nach Kuba gestört wurde und die USA dem nichts entgegensetzt, wären eigentlich triumphierendere Töne zu erwarten, besonders da sich ein Außenministertreffen der wichtigsten lateinamerikanischen Staaten klar gegen die USA -Fernsehsaendungen ausgesprochen hat. Aber am Montag erklärte der kubanische Außenminister Malmierca, man sei an einem freien Austausch von Rundfunk- und Fernsehsendungen mit den USA interessiert. Auf einer internationalen Pressekonferenz erklärte Castro jetzt, man habe keine Absicht, den Radiosender „Radio Marti“, der von Exilkubanen in Miami hergestellt wird, zu stören. Man sei sogar bereit, ungehindert US-Radiosendungen zu empfangen, wenn Kuba in den USA dasselbe Recht zustünde. Castro erinnerte an die 1987 zwischen Kuba und den USA geführten Verhandlungen über die Aufteilung der Radiowellen, die durch die Haltung der USA gescheitert seien. „TV Marti“ sei jedoch nach wie vor ein Gewaltakt und eine Aggression.
Die Mischung von Widerstandsgeist und Resignation äußert sich auch in Castros anderen Erklärungen. Kuba ist nach seinen Worten auf einen Konflikt mit den USA vorbereitet. Sein Land werde sich nicht in die Knie zwingen lassen oder einen fremden Willen aufzwingen lassen. Aber, so sagte er weiter auf der Pressekonferenz, die gegenwärtige Entwicklung in der Welt und insbesondere in Osteuropa sei die schwierigste in diesem Jahrhundert. Trotzdem: er fühlt sich nicht entmutigt. Ein Revolutionär mit Kampfgeist gebe niemals seine Prinzipien auf. Kuba sei ein Symbol des Widerstandes und der Verteidigung des Sozialismus.
D.J.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen