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Stadtplanung im Wahlkampf

■ Diskussionsserie des »Potsdam Kolleg«: »Welche Hauptstadt braucht Berlin?«/ Teil 4

Die zukünftige Stadtplanung muß, vor allem in der Hauptstadt- und Regierungsfrage, mit einer breiten Öffentlichkeit geführt werden. Ohne Bürgerbeteiligung bei der Planung und mit anrollenden Baggern vor Ort würden »die Leute doch nur zum Widerstand animiert«. So lautete zumindest das Fazit von Möchtegern-Stadtplanungssenator Volker Hassemer (CDU) bei der vierten Gesprächsrunde zum Thema: »Welche Hauptstadt braucht Berlin?« lautete, das diesmal sogenannte »Stadtplaner« in der Galerie Aedes versammelte.

Anstatt die noch zuständige Senatorin für Stadtentwicklung, Michaele Schreyer, einzuladen, setzte der Veranstalter, das Potsdam Kolleg, auch diesmal wieder auf einen altsäckigen Männerbund aus abgehalfterten Politikern und Möchtegernstadtplanern, deren Mediokrität schon Geschichte ist. Denn mit Ex-Senator Hassemer saßen auf dem Podium noch der Frankfurter Ex-Baudezernent Erhard Haverkamp, der gute Wulf Eichstädt aus Kreuzberg und der adelige Eberhard von Einem vom Berliner Institut für Stadtforschung, die sämtlich vom Wahlkampffieber ergriffen schienen. Deshalb fanden alle, daß die Stadt natürlich von den Bürgern geplant werden müsse. Gar keine Frage.

Vor allem Hassemer (CDU) rührte die Wahltrommel in Richtung neuen Job: Natürlich hoffe er auf Berlin als Regierungssitz, wie auf einen »Gast«, auf den er sich freue. Da frage man schließlich auch nicht, »wo um Gottes Willen bringe ich den bloß unter«. In seinem Zentrum biete Berlin genügend Raum für »Regierungssitzqualitäten«, was aber noch lange nicht heiße, daß dies »eine Absage an das dezentrale Programm« bedeute. Politik, Kultur, Dienstleistungen und Grün, so schwammigte er bürgernah, schlössen sich nicht aus. In der Methode bedeute dies, daß Planungen für eine Regierungsmetropole konzeptionell vorgedacht und in der öffentlichen Diskussion zur Entscheidung gebracht werden sollten. Denn Regierungsbauten, so Hassemer, dürften sich nicht der Stadt »bemächtigen«, sondern hätten dieser zu »dienen«. Demokratisches Bauen heiße, Architektur nicht vor dem Volk »abladen«. Wir sind »doch keine Masochisten«, schloß der CDU-Mann.

Die »Demokratie als Bauherr« müsse sich die ihr gemäßen Bauformen erst noch erschaffen, so nachplapperte 1990 Eberhard von Einem Adolf Arndt von 1960. Das neue Berlin brauche, im Unterschied zur »Festung Bonn«, »Visionen« und einen »neuen Hauptstadtwettbewerb«, bei dem demokratisches Planen und Bauen wirksam werden könnten. Der Flächenbedarf und die zukünftige räumliche Entwicklung Berlins könnten dann gesteuert werden. Modelle wie der Al-nahe Fingerplan lägen schließlich vor.

Auch Wulf Eichstädt ist ein Demokrat der Stadtplanung. Immer noch unter Daimler-Schock stellte er fest, daß in der jüngsten Diskussion zum Thema eine planerische Fachdebatte ausgeschlossen worden sei zugunsten politischer »Imponiergesten«. Öffentliche Planungsprozesse wurden abgeschmettert. Ein »Herumdilettieren in Abstraktionen« mache statt dessen die Runde. Dirigistische Schnellschüsse kämen vor »maximaler Bürgerbeteiligung«. Die »Verunsicherung« läge über der Stadt. Das seien erste Indizien dafür, daß die Stadtplanung Berlins schließlich aus der Perspektive der Regierung wie ihrer Mitbringsel, den Banken und High-Tech-Unternehmen, gemacht werde, und nicht von den Bürgern der Stadt. Eine »demokratische Diskussionskultur«, so der Alt- Kreuzberger, wie man sie in Berlin aufgebaut und praktiziert habe, werde zerstört. Das müsse verhindert werden! (2.12.1990!)

Diesen Konflikt zwischen kapitalhöriger und demokratischer Stadt- planung sieht Erhard Haverkamp auf Berlin als Regierungsstadt auch zukommen. Die »Aktualisierung« des historischen Stadtgrundrisses übe symbolische Anziehungskraft aus, findet er. Die Stadtreparatur der einstigen Mitte zöge — wie schon Daimler — weitere Großunternehmen nach. Lokale Lebensformen hätten kaum noch eine Chance. Durch das Wachstum werden die politischen Zwänge für Politiker so groß, daß nur noch ein »Chaosmanagement« — von oben — hilft. Die »trojanischen Schichten« müßten gelenkt, die Stadtplanung dirigiert und eine Bürgerbeteiligung möglichst im Zaum gehalten werden. Denn Bürgerbeteiligung bedeute meistens »keine Konsensfindung«, so der Frankfurter Hochhausbauer. In dem Punkt hatte er Recht. rola

Die weiteren Termine sind: 23.11. um 20 Uhr in der Galerie Aedes. Am 14.12. findet die Schlußrunde im Esplanade statt, um 20 Uhr.

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