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Mars regiert-betr.: "Deutsche Bomber 'für den Frieden'", taz vom 5.1.91

betr.: „Deutsche Bomber ,für den Frieden‘“, taz vom 5.1.91

Im folgenden ein paar Infos zu den deutschen Jagdbombern in der Türkei, die Euch vielleicht nützen. Ich beziehe mich vor allem auf die Lügerei des Hardthöhen-Sprechers (vergleiche taz vom 5.1., auch 'Faz‘ vom 5.1.91), daß die Alpha-Jets nur einen Einsatzradius (combat-radius) von 250 Kilometer hätten.

1.Die von Euch zitierte Zahl von 430 Kilometer Einsatzradius bezieht sich auf die Trainer-Version des Alpha-Jet ohne Außenlasten. Die Luftwaffe hat aber das JaboG 43 aus Oldenburg losgeschickt, und dort wird die Erdkampf- (clos-support-)Version geflogen. Deren Reichweitenparameter sind aber wie folgt:

a)Einsatzprofil lo-lo-lo1 mit Unterrumpfkanonenbehälter und Tragflächenaußenlast (=Bomben oder Raketen): 390 Kilometer; mit Unterrumpfkanonenbehälter, verminderter Tragflächenaußenlast und Außentanks: 630 Kilometer.

b)Einsatzprofil hi-lo-hi mit Unterrumpfkanonenbehälter und Tragflächenaußenlast: 583 Kilometer; mit Unterrumpfkanonenbehälter, verminderter Tragflächenaußenlast und Außentanks: 1.075 Kilometer. Die erhöhte Reichweite gegenüber Einsatzprofil a) ergibt sich durch den günstigeren Spritverbrauch in Reiseflughöhe.

In beiden Fällen kommt der Flieger also gut von Erhac in den Irak rein.

2.Der Einsatz dieser Flugzeuge muß im Zusammenhang mit den belgischen Mirage 5 und den italienischen F-104 S (die italienische Version des „Starfighter“) gesehen werden. Die Mirage 5 ist ein Erdkampfflugzeug, auch, aber nicht unbedingt nur, für close support, also Erdkampfunterstützung, sondern auch für Einsätze im Hinterland geeignet, Fachterminius ground attack fighter, (was für den Alpha Jet nur bedingt gilt), typischer Einsatzradius lo- lo-lo 650 Kilometer, hi-lo-hi 1.300 Kilometer. Dieses Flugzeug schleppt ein paar Bomben mehr über etwas größere Entfernungen als der Alpha Jet.

Der italienische Starfighter paßt gut in das Konzept, da er sowohl für den Bombeneinsatz (strikte/interdiction, zu deutsch: Angriff/Gefechtsfeldabriegelung) als auch für die Abfangjagd geeignet ist. Die italienische Version des Starfighter wurde auch an die Türkei geliefert (40 Stück), was für Ersatzteile, Wartung und Pflege der gemeinsamen Kampfflugzeugflotte günstig ist. Zugleich wurden die italienischen F-104 S einer Modernisierung unterzogen und heißen deshalb F-104 S ASA (aggiornamento sistemi d'arma). Diese Modernisierung schließt den Einbau eines look down/shot down-Radars ein, was lebenswichtig für Abfangjäger, aber auch keine schlechte Ausrüstung für Begleitjäger ist. Der Einsatzradius der Maschine mit Außentanks liegt bei 1.190 bis 1.245 Kilometer. In der italienischen Presse wurde kurz nach Weihnachten die Zahl der in die Türkei verlegten Maschinen mit sechs angegeben.

Die Zusammensetzung dieser Streitmacht gibt einmal eine ziemliche Kampfstärke her für die Unterstützung der eigenen Bodentruppen im Falle eines Kampfes zwischen irakischen und türkischen Bodentruppen, weil alle Maschinen für den Erdkampfeinsatz tauglich sind. Zweitens aber ist auch die Offensivkraft nicht unbeträchtlich, da der Starfighter die anderen beiden Maschinentypen als Begleitjäger schützen kann. Komplett defensiven Charakter hat also die ganze Konstellation nicht, was für den Irak durchaus eine zusätzliche Bedrohung bedeutet.

3.Die Türkei verfügt selbst noch mal über rund 460 Kampfflugzeuge in 17 Jagdbomber- und zwei Abfangjägerstaffeln, hauptsächlich Starfighter, Phantom II und F-5.

4.Der auf Seite 1 der Freitags-taz (4.1.91) abgebildete startende Düsenjäger ist kein Alpha Jet, sondern eine Phantom II.

5.Die benutzten Informationsquellen sind: Jane's All the World's Aircraft 1988; The Observer's Book of Aircraft; Military Balance des IISS, London 1989.

Der martialische Ton entspricht den Zeiten, Planet Mars übrigens regiert derzeit tatsächlich den nächtlichen Himmel.Franz Cletus Ossing, Berlin

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