Genosse Kahrs stolpert über eigene Fraktion

■ CDU fordert Neuwahlen zum Ortsamtleiter Neustadt

„Wir sind tief enttäuscht, so etwas haben wir noch nicht erlebt.“ Jens Knudtsen, vom Senator für Inneres mit der ordentlichen Durchführung der Wahl zum neuen Ortsamtsleiter für die Neustadt beauftragt, versteht die Welt nicht mehr. Da hat der Beirat die Möglichkeit, mit einem aus geheimer Wahl hervorgegangenen Kandidaten die Besetzung einer Ortsamtsleiterstelle selbst maßgeblich zu beeinflussen, und dann so etwas: Bei der geheimen Wahl zum Ortsamtsleiter Neustadt hat die SPD nach fraktionsinterner Absprache ihre Stimmzettel durch ein aufrecht stehendes Kreuz identifizierbar gemacht. Die öffentliche Auszählung der 30 Stimmzettel ergab: Genau die 15 Stimmen haben ein aufrechtes Kreuz (+) hinter dem sozialdemokratischen Kandadaten Hans Dieter Kahrs, die 15 Stimmen für Elisabeth Hackstein sind dagegen mit normalen „Lottokreuzen“ (X) gekennzeichnet.

Als einziger aus der Reihe der SPD-Sprecher war dazu der Woltmershauser SPD-Fraktionsvorsitzende Manfred Schütte zu sprechen. „Das mit den Kreuzen ist Zufall“, erklärte er. „Ich persönlich mache Kreuze immer unterschiedlich, ich kann nicht sagen, wie ich es bei der Ortsamtsleiterwahl gemacht habe.“

Für den Kandidaten Hans Dieter Kahrs spielt dieses Abstimmungsverhalten seiner Parteikollegen keine Rolle. Der Sozialdemokrat, der auch Ortsvereinsvorsitzender in der Neustadt ist, erklärte auf Anfrage: „Ich finde merkwürdig, daß sich niemand darüber öffentlich Gedanken macht, wie die 15 Gegenstimmen für Frau Hackstein zusammengekommen sind.“ Nach dem zweiten Wahlgang ohne endgültiges Ergebnis hatten sich CDU und Grüne per Münzwurf auf die grüne Elisabeth Hackstein geeinigt.

Genossen pfeifen es hinter vorgehaltender Hand inzwischen vom Dach: Man habe mit der Absprache überprüfen wollen, ob Kahrs auch Stimmen aus anderen Fraktionen erhalten würde. Außerdem haben die Genossen damit gerechnet, daß die DVU sich enthalten werde. Beiratssprecher ALbers wollte deshalb auch im Vorfeld der Wahl klären lassen, ob Enthaltungen überhaupt als abgegebene Stimmen zählen. Hintergrund bei diesem Auszählungsmodus: Bei einer DVU-Enthaltung hätten die 15 SPD-Stimmen zur Mehrheit für Kahrs ausgereicht.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat sich inzwischen für Neuwahlen ausgesprochen. „Die von der SPD manipulierte Abstimmung über den Ortsamtsleiter war eindeutig rechtswidrig“, erklärte der Fraktionsvositzende Peter Kudella. In der Innenbehörde sieht man dagegen keine Notwendigkeit einer Wahlwiederholung. Juristisch bestehe darauf kein Anspruch.

Die seltsame Geschichte um liegende und stehnde Kreuze wird zu der einmaligen Konstellation führen, daß sich ein gescheiterter Ortsamtskandidat bei seiner eigenen Fraktion für die Niederlage wird bedanken können, wenn sich der Senat entscheiden sollte, Elisabeth Hackstein zu berufen. mad