: Presse war nicht hinderlich
■ Polizeizeugen entlasten Mopo-Reporter / Staatsanwaltschaft uneinsichtig
/ Staatsanwaltschaft uneinsichtig
Vor der Kleinen Strafkammer 9 des Landgerichts Hamburg begann gestern die Berufungsverhandlung gegen den Morgenpost-Volontär Frank Wieding. Der 26jährige wurde im Dezember vergangenen Jahres wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ zu einer Geldstrafe von 1200 Mark (30 Tagessätze à 40 Mark) verurteilt.
Zur Vorgeschichte: Frank Wieding beobachtete zusammen mit anderen Journalisten am 14. Mai 1990 die polizeiliche Räumung der sogenannten Rabels-Häuser im Karolinenviertel. Als der Einsatz des MEK bevorstand, sollten die Reporter, die sich zu diesem Zeitpunkt ungefähr 25 Meter von den Häusern entfernt aufhielten, hinter eine Absperrung zurückgehen. Sie weigerten sich mit der Begründung, von dort nicht mehr ausreichend das Geschehen überblicken zu können. Kurz darauf wurden sie gewaltsam hinter die Absperrung gedrängt. Frank Wieding soll sich dabei mit „rudernden Armbewegungen“ zur Wehr gesetzt haben.
Schon im Vorfeld der Berufungsverhandlung regte Richter Ingolf Jandt eine außergerichtliche Einigung an. Die Einstellung des Verfahrens scheiterte jedoch an der unnachgiebigen Haltung der Staatsanwaltschaft.
Obwohl sogar die Vernehmung der Belastungszeugen überraschend eher zu einer Entlastung Wiedings beitrug, blieb Staatsanwalt Stauder bei seiner Anklage. So hatte der Polizeibeamte Georg Hartmann gesagt: „Der Widerstand war nicht so massiv, daß härtere Mittel hätten angewandt werden müssen.“ Und sein Kollege Detlef Farellmann ging noch einen Schritt weiter: „Die Pressevertreter waren nicht
1hinderlich für die Räumung.“
Es darf vermutet werden, daß Staatsanwalt Stauder Anweisung hatte, sich auf jeden Fall für eine abermalige Verurteilung von Frank Wieding einzusetzen. Auch wenn er betonte, es solle damit kein Exempel statuiert werden, liegt der Verdacht sehr nah. Richter Jandt würde das Verfahren offenbar am liebsten sofort einstellen. Der zweite Verhandlungstag findet am kommenden Montag statt. Torsten Schubert
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