: Hauptsache Originalität
■ Zehn Jahre Studiengang Popularmusik an der Hochschule für Musik und Theater
an der Hochschule für Musik und Theater
Seit nunmehr zehn Jahren kann sich die Fachwelt - und nicht nur die - anhand lebhaft musizierender Beispiele darüber streiten, ob Pop- Musik lehr- und lernbar ist oder eben nicht. Daß es möglich ist, popmusikalische Inhalte theoretisch und praktisch zu vermitteln, daran glaubt felsenfest der Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Professor Hermann Rauhe, der dort 1982 den Kontaktstudiengang Popularmusik ins Leben rief.
Sehr zum Mißfallen einiger Puristen. „Am Anfang schien es für viele das Ende abendländischer Kultur zu bedeuten“, sagt Rauhe, „an einer Hochschule einen so minderwertigen Bereich wie populäre Musik zu lehren.“ Andere Hochschulen hätten damals protestiert. „Aber mittlerweile haben wir mit den Rainbirds, Felix de Luxe und Ute Lemper sehr überzeugende Ergebnisse aufzuweisen.“ Trotzdem ist der Studiengang in Deutschland, auch wenn es einige, zumeist private, Nachahmer gibt, in seiner Form noch immer einzigartig.
Von jährlich 600 bis 800 Bewerbern werden nach Sichtung von Kassetten und Live-Präsentationen 70 glückliche Gewinner auf die zur Verfügung stehenden Plätze in den Bereichen „Rock/Pop“, „Jazz“ und „Performance“ verwiesen. „Bei der Auswahl legen wir Wert auf Originalität, insbesondere auf Songschreiberqualitäten“, so Dozent Udo Dahmen, „es muß klar sein, daß die Leute später mal von ihrer Musik leben werden können. Nicht alle müssen Wahnsinns-Instrumentalisten sein. Hauptsache, sie können ihre Ideen umsetzen.“
Das dürfen die Erwählten dann in zwei je dreiwöchigen „Crash- Kursen“ unter Beweis stellen. Die Theorie nimmt mit Lehrgängen über „Groove/Percussion“, „Text“ oder „Harmonielehre“, nur einen kleinen Teil des Studiums, das während der Semesterferien der Hochschule stattfindet, ein. Das Gros der praktischen Ausbildung wird von namhaften Musikern und Gastdozenten - wie Rio Reiser, Anette Humpe, Peter Maffey, Heinz-Rudolf Kunze vermittelt.
„Das Wichtige ist, daß die Studenten Zugang zu anderen stilistischen Gebieten finden. Bei uns spielen auch mal Hard Rock- und Soul- oder Funkmusiker zusammen“, so Dahmen. Zu begutachten sind diese Crossover-Erfolge heute ab 19 Uhr bei der Zehn-Jahres- Feier im Harvestehuder Weg 12. Als Gäste werden neben Ute Lemper und den Rainbirds Michy Reincke und Andreas Bruhn (von den Sisters of Mercy) erwartet. Am kommenden Sonntag laden die Jubilare außerdem zu einer Matinee auf die Cap San Diego. Gregor Gerlach
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