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Medizinerstreit auf dem Rücken der Patienten

■ Manche HIV-Infizierte setzen auf alternative Therapie / AOK zahlt spezielle Eigenblutbehandlung nicht mehr

Medizin und gesundheitliche Versorgung sind Hauptprobleme der Aidskranken. Nicht nur, daß es noch immer kein Heilmittel gegen das Virus gibt: Bestehende Hilfen bis hin zur ambulanten Krankenpflege werden zunehmend abgebaut. Und seit zwei Wochen haben die wenigen Bremer Aidskranken bzw. Infizierten, die seit Jahren ihren Gesundheitszustand erfolgreich (in Befinden und Blutwerten) mit einer speziellen Eigenbluttherapie stabilisieren, eine Hoffnung weniger. Die AOK will dies nicht mehr zahlen.

Die Therapie, „Autovaccine“ genannt, wird nur in der Uni Düsseldorf angewandt, am Institut für Blutgerinnungswesen und Transfusionsmedizin. Ihre Methode: Aus dem Patienten- Blut werden die Lymphozyten herauszentrifugiert, deren Zellwände mit Ultraschall zertrümmert, die darin enthaltenen HIV-Viren erhitzt und so inaktiviert. Dem Patienten reinjiziert soll das Immunsystem diese freigelegten Viren identifizieren und dagegen seine Helferzellen mobilisieren, sich so erholen. Die 30-Minutenbehandlung muß in sechs-Wochen-Zyklen wöchentlich wiederholt werden. Kosten: ca. DM 300,-je Zentrifugenkapsel pro Sitzung, zuzüglich Laborkosten. Kein Krankenhausaufenthalt, keine teuren Chemokeulen, die sonst bei Aidskranken und prophylaktisch bei Infizierten gegeben werden und den Körper vergiften. Diese Gifte (z.B. „AZT“), von Pharmakonzernen lukrativ gepuscht, schieben die Ausbreitung des Virus lediglich hinaus, verhindern lebensbedrohliche Infektionen aber nicht.

Mediziner ordnen die Methode ihres Düsseldorfer Kollegen Prof. Th. Brüster am „Rande der Scharlatanerie“ ein. Der Grund: Nach aufsehenerregenden ersten Darstellungen auf Aids-Kongressen habe er seine Patientendaten nicht weiter ausgewertet. Trotz massiven Drucks der Mediziner präsentiere Brüster lediglich die (nach Gauss'scher Normalverteilung keineswegs überraschenden) positiven Erfolge: „Der Verdacht liegt nahe, daß er in der Betreuung von HIV-Infizierten eine lukrative Einnahmequelle für seine andere Forschung hat.“

Hermann Schulte-Sasse von der AOK: „Nach den vergeblichen Versuchen der Medizin können jetzt nur noch die Patienten dem Professor Druck machen.“ Prof. Brüster konnte sich dazu selbst nicht äußern — er ist auf Auslandsreise. ra

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